Spur

 Eine Spur, die das Auge vermisst, findet (oft) das Ohr.
 Wer die Spur nicht verlieren soll, muss eine gute Nase haben.
 Deutsches Sprichwörter-Lexicon von Karl Friedrich Wilhelm Wander

Im Sprichwort deutet sich an, dass Spur mit spüren verbunden ist. Neben den flüchtigen Klang und dem verwehenden Geruch bleibt der Eindruck in den Boden jedoch lange sichtbar. Die Spur als Eindruck im Boden von Klauentieren und Menschen ist im ersten Zugriff nur ein Zeichen. Erst die Fähigkeit, darin zu erkennen, was da lief und von wo nach wo, erfordert das Spurenlesen (ein Gespür) - dann erst leiten die Spuren als Teil der Fährte zum Ziel. Für die Akteure verändert sich durch die Spuren die Vorstellung des Raumes, weil der zuvor indifferente Raum nun in ein Hier und ein Dort geteilt wird.

Vielfache Spuren erzeugen einen Wildwechsel oder einen Trampelpfad; beides kann zum Pfad werden, beides erleichtert die Wegfindung. Jemanden auf die Spur zu helfen, bedeutet, ihn auf den richtigen Weg zu bringen.

Später erweitert sich die Bedeutung auf die Spuren der Kufen beim Schlitten und der Räder beim Wagen. Durch Wiederholung werden tief eingefahrene Spuren zum Geleise (> Gleis), das den Lauf der Räder führt 1). Während also die Spur ursprünglich ein Mittel der Orientierung bei der Suche war, wird sie als Gleis eine Hilfe bei der Fortbewegung und zum technischen Begriff im Wegebau als Spurbahn, Spurrillen und Spurrinnen, Spurbreite, Spurweite.

Verwandt mit Spur sind spor (althochdeutsch Fußspur) und Sporen beim Reiten. Im Englischen werden kleine Abzweigungen eines Weges als spur trail oder spur route bezeichnet.

deutschenglischniederländischfranzösischlateinisch
Spurtracespoortracevestigium

Literatur

1)
as. waganlēsa, ahd. waganleisa ’Wagenspur’, mhd. leise ’Spur’ < *loisáh2- : Wz. *leis- ’einer Spur nachgehen’ (Schaffner 2005)