Peter Brügge
: //Herrlicher Mist//Inhaltsverzeichnis
Do it yourself
Abgekürzt DIY, englisch für »selbermachen« im Gegensatz zu do-it-for me DIFM.
Im englischsprachigen Raum häufig auch zusammengesetzt wie etwa Toyodiy: »car-related questions, such as repair procedures of various levels of difficulty (from an oil change to transmission swaps), modifications, general information, part information«
Erst grübeln, dann dübeln.
DIY zielt entweder auf eigenständiges Konstruieren oder auf Reparieren. Es setzt Technisches Wissen und Handeln voraus sowie Werkzeug, außerdem eine Problemlösestrategie und buschmechanisches Handeln, ist also eine Art Bricolage. Für Handwerker mag DIY nicht weiter erwähwnenswert sein und Leute mit zwei linken Händen fassen Werkzeug gar nicht erst an. Dazwischen aber betätigen sich Bastler, Flickschuster, Frickler, Pfuscher, Schrauber, Tüftler, finden Low Tech-Lösungen oder bauen Murks.
DIY war bis ins 20. Jahrhundert als wesentlicher Bestandteil einer ökonomischen Haushaltsführung eine allgemeine Selbstverständlichkeit, weil Arbeitszeit billig war und Material teuer. In der Wirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit wurde DIY zur Notwendigkeit. Heute hat sich dies umgekehrt, so dass unser »Elektroschrott« beispielsweise nach Westafrika exportiert und dort aufgearbeitet wird, weil dort die Arbeitszeit billig ist.
1957 entstand die Zeitschrift »Selbst ist der Mann«. Mit der abnehmenden Notwendigkeit, alles selbst machen zu müssen wurde DIY erstmals in den 1960er Jahren zur »modernen Welle«. John Seymours
Buch vom Leben auf dem Lande wurde in den 1970er Jahren zum Renner. Tatsächlich schlossen in dieser Zeit viele bäuerliche Kleinbetriebe. Die reale Bauernflucht konterkarierte das Idyll vom Landleben 1).
Ab 1974 lud die Hobbythek des WDR 30 Jahre lang zum Selbermachen ein. 1984 verbreitete Zweitausendeins massenhaft das Buch »Alles zum Selbermachen« auf knapp eintausend Seiten.
»Hör mal wer da hämmert« (RTL) war die deutsche Version der US-amerikanischen Sitcom Home Improvement (1991 bis 1999, 204 Episoden bei ABC) und bekannt für flapsige Sprüche wie:
- Mehr Power!
- Echte Männer lesen keine Gebrauchsanweisungen
- Frauen können die Stimmen der Werkzeuge nicht hören
In den 2010er Jahren erfahren DIY, Konsumverzicht, eine Rückkehr zum einfachen Leben und das Leben auf dem Land wieder einmal erhöhtes Interesse, begünstigt durch hohe Mieten in der Stadt, Ressourcenknappheit, Klimawandel, sinnvolle Freizeitgestaltung. Aber: Viele Dinge lassen sich nicht mehr reparieren (right to repair), sind einfach zu billig geworden oder überkomplex, obwohl dieselbe Funktion früher mit einfachen, mechanischen Geräten erfüllt wurde, die ewig hielten. Der Life-Hack für den Kabelsalat ist ein Problem, dass es früher nicht gab. Statt Tricks und Kniffen heißt es jetzt iFixit. Die Ratgeberliteratur zum Selbermachen und fürs Heimwerken ist meist jahrzehntealt.
Literatur: Haushalt & Heimwerken
Literatur → Kfz-Technik & Autoreparaturen
Heinz Brestel
(Hg.)
Gründliche Anleitung zur Erhaltung und Verbesserung des häuslichen Wohlstandes
54, IV-VIII, 244 S. 1801, Reprint 1972 Fortuna Verlag Schweiz- Hausfrauenbuch des Stadt-Anzeigers
Nachschlagewerk für alle Fragen im Haushalt und der Familie
Köln 1930er Jahre Horn, Erna
Der neuzeitliche Haushalt
Ein Führer durch die gesamte Küche und Hauswirtschaft aus der Versuchsküche Buchenau
Kempten 1965: Pröpster. 640 SeitenFrewing, Nicholas J.
Der Heimwerker: das große Buch für Hobby und Handwerk
536 Seiten Hamburg 1975: TchiboHylton, William H., Michael Bischoff
Alles zum Selbermachen
Frankfurt am Main 1989: Zweitausendeins. 6. A. 933 S.Niepel, Frank
Knaurs grosses Handwerksbuch
mit zahlreichen Vorschlägen für Umwelt- und Gesundheitsbewusste.
Augsburg 1999 Weltbild. 542 S.
Literatur: Produkte & Rezepte aus chemischer Sicht
Engelhardt, Alwin
Chemisch-technisches Recept-Taschenbuch
Enthaltend 1800 Vorschriften und Fabrikationemfahren aus dem Gebiete der chemisch-technischen Industrie und Gewerbskunde
Praktisches Handbuch für Apotheker, Bleicher, Chemiker
Leipzig 1900: O. Spamer. 4.A., 530 S.Buchheister, Gustav A., Georg Ottersbach
Handbuch der Drogisten-Praxis
ein Lehr- und Nachschlagebuch für Drogisten, Farbwarenhändler usw.
Berlin 1949: Springer. 16. A., 1372 S.Ziolkowsky, Bernd
Hobby- und Haus-Chemie
Rezepturen neu zusammengestellt.
Augsburg 1982: Verlag für chemische Industrie 204 S.Vollmer, Günter, Manfred Franz
Chemische Produkte im Alltag
Essen und Trinken, Gesundheit und Körperpflege, Reinigung, Düngung und Schädlingsbekämpfung
München 1985: Deutscher Taschenbuch VerlagVollmer, Günter, Manfred Franz
Chemie in Bad und Küche
Körperpflege, Kosmetika, Arzneimittel, Getränke, Nahrungsmittel
München 1991: Deutscher Taschenbuch VerlagVollmer, Günter, Manfred Franz
Chemie in Haus und Garten
Pflege- und Reinigungsmittel, Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmittel
29 Tabellen. München 1994: Deutscher Taschenbuch VerlagRaaf, Hermann
Was enthält was?
Erkennen und Bestimmen von Inhaltsstoffen
Freiburg 1995: Herder
Literatur: Kraut & Rüben
Gessner, Otto, Gerhard Orzechowski
Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa
Heidelberg 1974: Winter. 3. A., 582 S.
Meta-Literatur
Langreiter, Nikola/Löffler, Klara
(Hg.)
Selber machen. Diskurse und Praktiken des »Do it yourself«
Bielefeld 2017
Levine, Faythe/Heimerl, Cortney
Handmade Nation: The Rise of DIY, Art, Craft, and Design
New York 2008
Möser, Kurt
Thesen zum Pflegen und Reparieren in den Automobilkulturen am Beispiel der DDR
in: Technikgeschichte 79 (2012, 3), S. 207-226
Rosner, Daniela K./Turner, Fred
Bühnen der Alternativ-Industrie
Reparaturkollektive und das Vermächtnis der amerikanischen Gegenkultur der 1960er Jahre
in: Krebs/Schabacher/Weber: Kulturen des Reparierens. Dinge – Wissen – Praktiken, Bielefeld 2018, S. 265-279
Voges, Jonathan
»Selbst ist der Mann«: Do-it-yourself und Heimwerken in der Bundesrepublik Deutschland
Göttingen 2017