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wiki:stoertzer

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Störtzer

Landstörtzer hießen bettelnde Landstreicher (»die sich lantsknecht nennen und selten oder nimer in krieg kumen«), bevor sie den lateinischen Namen Vagabunden erhielten. Sie werden in Aufzählungen begleitet von:

  • betler, bettelmünch, sambler zu den bettelklöstern, faullentzer, gassentreter, küchensterzer, landfarer, müsziggänger, fauler schlüffel, umbschweifer
  • lateinisch: capuziner, errante, histrio, peregrini, scurra, sectae hypocritarum, terminirer, vagabondo, vaganten, vagus

Der Name (auch Stor(t)zer, Ster(t)zer) leitet sich ab vom mittelhochdeutschen sterzære `daʒ sint ouch sterzere unde lotere und ander unnütze volc´ 1). Zugrunde liegt das Verb stërzen `steif emporragen´, das sich auch in stërzel-krût `Fenchelrute´ findet und im stërzel-meister, dem Bettelrichter oder Bettelvogt, der den weißen Bettelstab (lat. baculus mendici) als Zeichen der Rechtlosigkeit und Ausweisung vergab 2). »An den Bettelstab zu kommen« ist eine sprichwörtliche Metapher für das Verarmen durch äußere Umstände und in vielen europäischen Sprachen zu finden 3).

»Bettelvogt war wohl spöttisch aufwertend gemeint, denn diese Gassenvögte, Armenvögte, Armenwächter, Kirchenknechte, Hundeschläger, Hundevögte mussten die Hunde aus den Kirchen treiben und die Armen auf den Gassen kontrollieren 4), aber ein Sprichwort sagt »Wo Bettelvögte sind, da verhungern die Bettler nicht.« Fremde Bettler allerdings wurden abgeschoben und über die Landesgrenzen gebracht.


  • Jütte, Robert
    Arme, Bettler, Beutelschneider
    Eine Sozialgeschichte der Armut in der Frühen Neuzeit.
    Original: Poverty and deviance in early modern Europe.
    Literaturverz. S. 293-311, Weimar 2000: Böhlau.
  • Martin Scheutz
    Ausgesperrt und gejagt, geduldet und versteckt.
    Bettlervisitationen im Niederösterreich des 18. Jahrhunderts.
    Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde 34, St. Pölten 2003.
1)
DWB Grimm > germ. 10, 469
2)
„stërzen, stv. I, 3?. swv.“, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch von Matthias Lexer, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/Lexer?lemid=S07526>, abgerufen am 26.06.2021
3)
Deutsches Sprichwörter-Lexicon von Karl Friedrich Wilhelm Wander
4)
„Bếttelvōgt“, Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (Ausgabe letzter Hand, Leipzig 1793–1801), digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/Adelung?lemid=B02100>, abgerufen am 27.06.2021.
wiki/stoertzer.1624772323.txt.gz · Zuletzt geändert: 2021/06/27 05:38 von norbert

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