Die Vermessung von Raum und Welt
Vermessung wurzelt im zuerst im Bedürfnis sich zu orientieren und Wege zu finden, dann im Abstecken von Land und im Bau von Gebäuden (Handel und Verwaltung betreffend), schreitet fort über Wegebau zur Geographie und ist Voraussetzung für Kartographie. Voraussetzung ist in jemdem Fall mathematisches Denken.
Assad Ebrahim
Geometry and Algebra in Ancient Civilizations.
Mathematical Science & Technologies July 24th, 2023
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Die ältesten Quellen dazu sind
der Papyrus Moskau, benannt nach seinem Aufbewahrungsort, aus dem 18. Jahrhundert vor Christus als ältestes erhaltenes ägyptisches Sammelwerk der Mathematik mit geometrischen Problemen und Lösungen aus dem Alltag;
der Papyrus Rhind, benannt nach dem ersten Käufer 1858 (A. Henry Rhind), aus dem 17. Jahrhundert vor Christus mit arithmetischen und geometrischen Problemen und
eine Lederrolle aus dem 17./16. Jahrhundert vor Christus mit Stammbruchzerlegungen.
Um 240 BC schuf Eratosthenes von Kyrene
(um 284 - um 202 BC) die erste Gradnetzkarte mit Längen- und Breitenangaben in seinem Buch Geographika.
Orientierung
Die Notwendigkeit sich in der Natur orientieren zu müssen führte
Himmelsrichtungen sind nicht naturgegeben, sondern ein Denkmodell, das den Stand der Sonne und der Sterne zugrundelegt. Überall dort, wo Gräber, Megalithbauten, Tempel, Pyramiden sehr genau nach den Himmelsrichtungen angelegt wurden, muss es auch ein präzises Messverfahren gegeben haben. Ein solches ist als »indischer Kreis« aus der späten Antike überliefert und nutzt einen Schattenstab. Eine solche Anlage scheint auf der türkischen Insel Kekova erhalten zu sein. 1)
Hoskin, M.
,
Hochsieder, P.
,
Knösel, D.
The Orientations of the Taulas of Menorca (2): The Remaining Taulas.
Journal for the History of Astronomy, 21.15 (1990) S37–S48.
DOI
Kowalski, Jean-Marie
Navigation et géographie dans l'Antiquité gréco-romaine: la terre vue de la mer.
256 S. Paris 2012: Picard.
Inhalt,
Rezension
Der Autor sucht in überlieferten Texten Antwoten auf praktische Fragen rings um die nautische
Orientierung: Welche Möglichkeiten gab es, sich im Raum zu orientieren,
Himmelsrichtungen zu bestimmen oder Distanzen zu messen? Und wie ließen sich diese Ergebnisse darstellen, also etwa Küstenverlauf, die Form von Kaps und Buchten, die Lage von Inseln usw. Wie wurden Wind und Wetter, Himmel und Strömungen beobachet und ausgewertet? Welche technischen Mittel wurden verwendet für den Bau von Häfen und Leuchttürmen? Dabei entstanden ein fast 50-seitiges
Glossar und eine
Bibliographie mit 15 Seiten.
Paranina, Alina
Ancient Traditions of solar Navigation in the Mediterranean Region.
S. 268–282 in: Recep Efe, Isa Cürebal (Hg.): Contemporary Studies in Sciences Cambridge. 459 S. Scholars Publishing 2020.
Messung von Himmelsrichtungen mittels T-Stab, Lochstab, Gnomon, T-Stelen (Göbekli Tepe), Taula (Menorca), T-Steine (Sibirien), Thors Hammer; Die älteste Beschreibung einer Sonnenuhr mit einem T-Gerät findet sich auf einer Wand des Grabes von Seti
I. (1306–1290 BC).
Paranina, Galina N.
Northern Labyrinths. Gnomons and models of geographical Space.
Procedia - Social and Behavioral Sciences, 19 (2011) 593-601.
DOI Online
C. Schoy
Mittagslinie und Qibla
Notiz zur Geschichte der mathematischen Geographie.
Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin
1915, S. 558-576, mit Diskussion der Quellen.
Schmidt-Kaler, T.
;
Schlosser, W.
Stone-Age Burials as a Hint to Prehistoric Astronomy.
Journal of the Royal Astronomical Society of Canada, 78.5 No.590 (1984) 178–188
Online
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Messwerkzeuge
Beim Vermessen wird der unbegrenzte Raum zerlegt in Körpermaße. Die ältesten Messwerkzeuge sind Meßstab und Meßseil, zum Bestimmen von
Die dazu nötigen Fähigkeiten verbanden Landvermesser mit Kundschaftern und Geographen bei der Erkundung neuer Landschaften. Die Bematisten von Alexander dem Großen
waren Kundschafter und Boten, Vermesser, Mathematiker und Schreiber sowie hervorragende Läufer.
Komplexere Anwendungen wie den Umgang mit Gnomon und Polos sowie die 12-Stunden-Teilung des Tages haben die Griechen von den Babyloniern übernommen.
Herodot
2.109
Otta Wenskus
Astronomische Zeitangaben von Homer bis Theophrast
Stuttgart Steiner 1990, Göttingen, Univ., Habil.-Schr., 1988
Dieter Lelgemann, Eberhard Knobloch, Andreas Fuls, Andreas Kleineberg
Zum antiken astro-geodätischen Messinstrument Skiotherikós Gnomon
in: zfv – Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement 130.4 (2005) 238–247).
Minow, Helmut
Messwerkzeuge und Längenmasse im Alten Ägypten.
Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik VPK 99.4 (2001) 242–247.
DOI
Konrad Peters
Im Lot und in der Waage. Nivelliergeräte des Altertums im Spiegel experimenteller Archäologie. (=Förderkreis Vermessungstechnisches Museum, 20) 30 S. Ill. Dortmund 1994
Inhalt Online
С.К Стафеев
,
М.Г. Томилин
et al.
Пять Тысячелетий Оптики : Предыстория. [Pjatʹ tysjačeletij optiki: predystorija]
303 S. Sankt-Peterburg 2006: Политехника [Politechnika].
Inhalt
Stocks, Denys A.
Experiments in Egyptian Archaeology : Stoneworking Technology in Ancient Egypt.
XXX, 282 S. London 2023: Routledge.
Der Autor untersuchte mehr als 20 Jahre lang altägyptische Werkzeuge, baute sie nach, testete und bewertete sie.
Stolberg, Lukas
Die Kutschenuhr, Satteluhren, Karossenuhren, Alkovenuhren.
263 S. München 1993: Callwey.
Walther, Lutz
Von Kutschen- und Reiseuhren. Zeitmessung auf Reisen im 17.–20. Jahrhundert.
Achse, Rad und Wagen. Beiträge zur Geschichte der Landfahrzeuge 8 (2000) 67–73.
Abbildung: Taschensonnenuhr und Monduhr. Messing, vergoldet, Nicholas Rugendas (Signatur), Augsburg um 1650. Burman, Lionel A.: Sich erweiternde Horizonte. 1300-1600, Dietrich Huschenbett und John Margetts (Hg.): Reisen und Welterfahrung in der deutschen Literatur des Mittelalters, Würzburg 1991, Abb. 9 (=Würzburger Beiträge zur deutschen Philologie 7)
Abbildung: Taschensonnenuhr. Nächtliches und astronomisches Instrument, Messing vergoldet, um 1600.
Burman, Lionel A.: Sich erweiternde Horizonte. 1300-1600, Dietrich Huschenbett und John Margetts (Hg.): Reisen und Welterfahrung in der deutschen Literatur des Mittelalters, Würzburg 1991, Abb. 10 (= Würzburger Beiträge zur deutschen Philologie 7)
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Würfelsonnenuhr des Hans Tucher aus Messing und Elfenbein, Nürnberg 1582;
Schrittzähler und Stechzirkel, beide Messing vergoldet;
Büchsensonnenuhr mit Kompaß von Chr. Schißler d. Ä., Augsburg 1559;
Straßenkarte nach der römischen Karte des Castorius, sogenannte Peutingersche Tafeln, Augsburg, um 1600
Verteilen: Mein und Dein
Mit Ackerbau und Sesshaftigkeit ab demim 8. Jahrtausend vor Christus wurden Wasser und fruchtbares Land irgendwann zu begrenzten Ressourcen. Vom Raum des fruchtbaren Halbmonds zwischen Persischem Golf bis zum nördlichen Ägypten erfordert Ackerbau meist künstliche Bewässerung entlang der Flüsse. Dies erfordert ein hierarchisches Verteilen von Bauland und Ackerland, Mein und Dein, Nahrung und damit Leben. Das Vermessen erforderte Wissen und Technik, das Verteilen führte zur Macht über andere. Ausgeschlossen davon blieben die Leben als Beduinen.
In den sumerischen Stadtstaaten trugen Herrscher und Stadtgötter wie Marduk
als Symbol Stab hattu und Seilring kippatu 5). In Ägypten übernahmen diese Aufgabe die 'Seilspanner' Harpedonapten, in Griechenland die Bematisten, im römischen Reich die Agrimensores.
Das Abmessen und Zuteilen unerschlossener Landflächen (tap-tû-ú, taptû `Neubruchland´)
6) war im Zweistromland bis etwa 1200 BC gleichbedeutend mit Macht und göttlichen Kräften; danach war das fruchtbare Land verteilt. Das Werkzeug des Feldmessers -
Stab und Seil, kippatu und hattu - war Attribut der ältesten Stadtgötter (z.B. Bel-Marduk in Babylon) und zeigte damit die Macht des
Wissens.
Möglicherweise von
taptû abgeleitet ist der griechische Begriff τόπος
topos `Fläche´. Für einen solchen Zusammenhang sprechen abgeleitete griechische Begriffe wie
τοπάζω `hinzielen´ und
τοπεῖον `Tau, Seil´.
Die ägyptische Hieroglyphe
ankh steht für die drei Konsonanten Ꜥ-n-ḫ
7). Diese Buchstabenkombination erscheint in den Begriffen für Nahrung, lebensspendend, gesund
8) sowie für einen aufgerollten Seilring (um 2050–1650 BC)
9) Die ältesten Darstellungen des ankh-Zeichens finden sich zwischen dem 30. und 29. Jahrhundert BC in der ersten Dynastie; es wird ebenso getragen wie im Zweistromland.
Möglicherweise von
ankh abgeleitet ist das berberische
tasagalt, das auch als Mittel zur Orientierung gedeutet wird.
Wissen ist Macht: Bematisten und Mensores
Die Expedition Alexanders des Großen
336 bis 323 BC war auch ein Heereszug des Wissens, begleitet von Handwerkern, Technikern, Philosophen, Geographen, Bematisten, Ärzten usw., das letztlich in der Bibliothek von Alexandria gesammelt wurde. Seine Route (Karte) führte über drei Kontinente, bis an den Nil in Afrika, bis zum Ferghana-Tal zwischen Tien-Schan und Pamir, bis zum Indus in Südasien.
Die römischen mensores und griechischen Bematistes bildeten eine eigene militärische Einheit. Sie vermaßen das Gelände und erstellten Wegekarten (Itinerarien).
McPhail, Cameron; Robert Hannah
The cartographers of the Taurus line.
The Bematists, Dicaearchus
[=Dikaiarchos=Messenius, ca. 375/350 - 285] and Eratosthenes
[um 275 - 194].
Geographia Antiqua. 20/21 (2011/2012) 163-177.
Beide waren Mathematiker; Dikaiarchos
Peripatetiker. Eratosthenes, dritter Vorsteher der Bibliothek zu Alexandria, ermittelte um 240 vor Christus den Umfang der (kugelförmigen) Erde mit etwa 1% Genauigkeit, indem er die Strecke Assuan - Alexandria mit Hilfe eines
Schattenstabes (Gnomon) und einer einer skalierten Halbkugelschale (Skaphe) vermaß, denn in Assuan (Wendekreis des Krebses) steht die Sonne um den 21. Juni senkrecht im Zenith und ein Gnomon wirft dorft keinen Schatten, zeitgleich in Alexandria jedoch sehr wohl. In der von Alexander gegründeten Bibliothek hinterlegte er seine Vermessungsaufzeichung; um 250 BC soll die Bibliothek über rund 400.000 Papyri verfügt haben. Jeder Schiffsführer, der dort anlegte, musste einen Periplus abliefern. Ziel war es, dort das gesamte geographische Wissen der Zeit zu zentrieren.
Berger, Ernst Hugo
Die geographischen Fragmente des Eratosthenes.
Neu gesammelt, geordnet und besprochen von Dr. H. Berger. VIII, 393 S., Leipzig, 1880
Literarisch verarbeitet wurden Eratosthenes' Leistungen von Schmidt, Arno
in: Enthymesis oder W. I. E. H. In: Arno Schmidt: Leviathan. Rowohlt, Hamburg 1949, S. 77–116
Der konstruierte Raum
Raum zu konstruieren setzt Beobachtungen voraus, die der Erfahrung bedürfen und daraus folgend Hypothesen über Raumvorstellungen, die durch Messungen falsifiziert werden.
Anaximander
(610–546 BC) war der Erste, der Erde, Welt und Kosmos in einen nicht-mythischen, sondern sachlich-räumlichen Zusammenhang stellte. Europa erscheint bei ihm erstmals als Einheit. Nach Cicero
(106–43 BC) postulierte er als Erster die Kugelgestalt der Erde, siehe Weltbild.
Die gedachte Landschaft wird zur Karte mit neuen Merkmalen. Erst die geographisch gedachte Erde hat Pole, einen Äquator, Wendekreise, Breiten- und Längengrade, die man wandernd nicht in der Landschaft sehen kann. Den Raum mit der Zeit verbindend, lassen sie sich jedoch messen, etwa wenn die Sonne am Äquator senkrecht steht oder wenn mit einem Gnomon die Schattenlänge bestimmt wird.
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Breitengrade
Globus
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Längengrade
Nordpol & Südpol
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2011 Jenseits des Horizonts. Raum und Wissen in den Kulturen der Alten Welt«.
Ausstellung des Excellenzclusters 264 TOPOI - The Formation and Transformation of Space and Knowledge in Ancient Civilizations - in Kooperation mit den Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, im Pergamon Museum Berlin, 22.06. bis 30.09.2012
Märtin, Ralf-Peter, Friederike Fless, Klaus Hallof, Stephan Johannes Seidlmayer, Roland Wittwer: 176 S. Stuttgart : Theiss, 2012
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Alexander V. Podossinov
Oben und unten. Begriffe der Raumorientierung in antiken Texten
Konstantin Boshnakov
The „Sacred Counsel“: On some features of the
Periegesis, Periodos, and their originators
Veronica Bucciantini
Misurazioni e distanze marittime nel
Periplo di
Nearco
Silvia Panichi
Dall’India all’Iberia: Artemidoro di Efeso
misura l’ecumene
Anne Kolb
Die Erfassung und Vermessung der
Welt bei den Römern
Klaus Grewe
Streckenmessung im antiken Aquädukt- und
Straßenbau
Klaus Geus, Irina Tupikova
Anmerkungen zur Geschichte der Erdmessung im Altertum
Kai Brodersen
Vom
Periplus zur Karte. Die Leistung des
Gaius Iulius Solinus
Jan Stenger
Eusebios’ Erfassung des
Heiligen Landes.
Die Evidenz des Raumes im Onomastikon der biblischen Ortsnamen
Ulrich Huttner
Mit den Heiligen
unterwegs in Kleinasien. Distanzmessungen in hagiographischen Texten