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wiki:feldfuhrkueche

Feldfuhrküche

ein Fahrender Küchenwagen, 'Gulaschkanone', franz. marmites ambulantes, span. cocina rodante, russ. Полевая кухня, Polevaya kukhnya, lat. culina castrensis
Kochen und Essen
Ernährung unter besonderen Bedingungen

In einfachster Form ein Kupferkochtopf im Wasserbad über der Feuerung, kardanisch aufgehängt auf einem ein- oder zweiachsigen Lafettenwagen mit einer Holzkiste für Küchenutensilien und einem Klapptisch. Im Unterschied zum Proviantwagen (engl. chuck waggon) enthält die Feldfuhrküche einen Fahrbaren Herd, der auch während der Fahrt betrieben werden kann.

  • Baumgartner, Anton (1761-1831)
    Fahrender Küchenwagen = Marmites ambulantes.
    23 S. Ill. München 1806: Zängl. deutsch-französischer Paralleltext. Online
    »§ 4.1 Da ich weder des Metiers eines Wagners noch Schmieds noch Schlossers kundig bin, so entdeckte ich meine Idee dem bürgerl. Wagenfabrikanten Joseph Roth im Rosenthale allhier, weil derselbe alle diese Metiers in seiner Fabrique vereinigt wegen seiner Geschicklichkeit bekannt und ein denkender Kopf ist welcher viele Reisen gemacht hat. Ich eröffnete ihm meine Gedanken, führte ihn in die Rumfordische Suppenküche, zeigte ihm die Bauart des dortigen Ofens, gab ihm die Zeichnung davon, besprach mich in seiner Gegenwart über die zweckmäßige Verfertigung der Kessel mit dem bürgerlichen Kupferschmied Wasenegger, führte ihn in das Stadtfeuerhaus ihm zu zeigen wie die Feuerspritze über Land in Ketten und Federn eingehängt ist und erklärte ihm in meinem Zimmer bey meinem Ofen meinen ganzen Plan mit allen Vortheilen und Schwierigkeiten, die dabey eintreten könnten. Durch diese Unterredungen entschloß sich der Wagenfabrikant Roth sich diesem Unternehmen zu unterziehen. Er entwarf mir eine Zeichnung in Bley und fing darauf zu arbeiten an. Ich besuchte ihn täglich, um mich über die Ausführung des Ganzen nach allen ihren Theilen mit ihm zu besprechen und so entstand die Maschine wie sie gegenwärtig dasteht.«

1806 Anton Baumgartner (1761–1831, königl. bair. Baurath) übergab die ersten „mobilen Kochtöpfe“ am 6. Januar 1806 an Napoleon I. und König Maximilian I. von Bayern; das Ereignis ist dokumentiert 1):

  • Lundi 6 janvier 1806, Baierbrunn, avec le roi de Bavière.
    Inscrit sur un objet du musée de l’armée (voiture bavaroise de type «soupe à la Rumford»), inv. O 310.
    Le 6 janvier 1806, L. L. M. M. NAPOLEON 1, empereur des Francs & roi d’Italie, et MAXIMIL. JOSEPH 1 roi de Bavière, à la chasse près de Baierbrunn, ont daigné goûter les premiers de la soupe à la Rumford faite dans ces marmites ambulantes.

Joseph Settele in München stellte zu diesem Anlass ein Modell im Maßstab 1:8 her (Modèle réduit de marmites ambulantes 'à la Rumford'), heute im Besitz des Musée de l'Armée - Hôtel des Invalides, Paris.

  • Egon Larsen
    Graf Rumford
    Ein Amerikaner in München
    252 S. 10 montierte Tfll., tls. farb., teils doppelseitig, Textzeichn. München 1961: Prestel.
    Die Biographie von Benjamin Thompson, Graf von Rumford (1753-1814): Sohn eines amerikanischen Farmers, Physiker, Kriegs- und Polizeiminister in Bayern, Schöpfer des englischen Gartens in München, entwickelte die Suppenküche.

1812 Louis Nicolas Davout (1770–1823) bestellte rund 60 Feldfuhrküchen für das ihm unterstellte 1. Armeekorps anlässlich des Russlandfeldzuges (24.06.–26.12.1812). Beim Rückzug aus Russland blieben diese Küchen vor der Beresina zurück, eine soll im Museum des Vaterländischen Krieges von 1812 in Moskau zu sehen sein.

Danach finden sich im 19. Jahrhundert wiederholt Entwürfe von Feldfuhrküchen:

  • 1813 von Kurowski, Friedrich
    Die Feldfuhrküche dargestellt mit Hinsicht auf ihre Notwendigkeit: Ausführbarketi und Anwendung.
    48 S. Salfeld, 1813.
    Der Schríftsteller Carl Anton Bernhard Friedrich von Kurowski-Eichen (1780–1853) aus Schloß Eichen in der Provinz Königsberg studierte Jura, diente als Offizier in Russland, arbeitete 1817 in der Gewehrfabrik Suhl.
  • 1814 Johann Wolfgang Goethe legte eine „Acta die Feldfuhrküche betr. 1814„ an, die sich im Goethe-Schiller-Ar<hiv in Weimar befindet, dazu gehören Konstruktionszeichnungen seines Besuchers Friedrich von Kurkowski-Eichen, der eine Feldfuhrküche für das Militär entwickelt hatte und damit das Interesse Goethes weckte, der im Großherzogtum für das Militär zuständig war und daher auch seinem Fürstern Herzog Carl August berichtete (WA 4.Abt. 24. Band Seite 167, Tagebücher 24.04. und 26.03.1814). An Carl Ludwig von Knebel scheibt er 1814 2): »Unsere Mechaniker beschäftigt gegenwärtig hier eine Feldfuhrküche, erfunden von einem jungen Manne, Namens Kurowski, welcher sie vor kurzem selbst producirte. Der Gedanke ist sehr glücklich und leidet Ausbildung und Anwendung in's Unendliche. Bey Henniger sind hier schon so viele bestellt, daß er sie gar nicht schaffen kann. Die Jenenser sollen sich auch damit hervorthun.«
    • Heinz Amelung
      Goethe und die Gulaschkanone
      Daheim 53.15 (1917)
  • 1814 Weimar: Erteilung eines Privilegs für den Fabrikanten Ernst Querner und Comp. über die von Friedrich von Kurowski-Eichen erfundene Feldfuhrküche 3)
  • 1850 Der Apotheker Heinrich Zeise (1793-1863) aus Altona entwickelte eine dampfbetriebene Feldküche als vierrädrigen Handkarren, die am 30. Mai 1850 ein Patent erhielt; ein Modell steht im Altonaer Museum.
  • 1892 konstruierte Karl Rudolf Fissler in Idar-Oberstein eine Feldfuhrküche, deren Herd als Anhänger mitgeführt wurde und einem Asbestmantel um den Herd hatte. Neu war, dass der Herd auch während der Fahrt betrieben werden konnte. Spätere Versionen hatten mehrere Kessel, sodass nicht nur Eintöpfe zubereitet werden konnten.
  • 1908 wurde der Feldkochherd bei der deutschen Infanterie eingeführt. Der abgehängte und schräg dastehende Anhänger sah mit seinem abgewinkelten Schornstein aus wie ein Geschütz, daher der Spitzname Gulaschkanone.

  • Theodor Radowicz-Oświȩcimski
    Die eiserne Portion. Mittheilung von Erfahrungen auf dem Gebiete der Beköstigung im Frieden und im Kriege
    Allen Freunden und Feinden der comprimirten und conservirten Nahrungsmittel gewidmet. Frankfurt a. M. 1859: Franz Benjamin Auffarth. Online, verweist S. 47 auf:
    • Der Modelleur Carl Schropp (1794–1875) soll in Erfurt und Bamberg vergleichbare Küchen hergestellt haben.
    • Der Apotheker Zeisig konstruierte eine Feldfuhrküche für die schleswig-holsteinische Armee.
  • Scott L. Thompson
    Gulaschkanone : the German field kitchen in World War II and modern reenactment
    143 S. Atglen, Pa., 2011: Schiffer. Inhalt
1)
Vial, Charles-Éloi: «Annexe I. Les chasses de Napoléon de 1800 à 1816». Le grand veneur de Napoléon Ier à Charles X, Publications de l’École nationale des chartes, 2016 Online unter Nr. 41
3)
Archivalien-Signatur: B 7742 Bestandssignatur: 6-12-3009 Datierung: 1814 in: Tektonik: Fürstentum Weimar (Weimarer Archiv) Bestand: Polizeisachen Systematik: Polizeisachen der einzelnen Orte Systematik: Weimar Online
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