ex oriente lux

Lateinisch `Aus dem Osten (kommt das) Licht´ ist ein altes „geflügeltes Wort“, eine Redewendung, die das Selbstverständliche (im Osten geht die Sonne auf) auf einen anderen Sachverhalt überträgt. Naheliegend gilt dies zunächst für östliche Weisheiten und Religionen, jedoch auch im Sinne einer richtigen Perspektive, siehe auch Orientierung und das Bild des Orients. Unausgesprochen bleibt dabei die Betonung des Guten und Schönen, weil die Morgenröte den Sonnenaufgang ankündigt, Hoffnung und zuversicht für den neuen Tag spendet; das Gegenteil dessen wäre ex oriente tenebrae oder in occidente umbra.

In den Kulturwissenschaften meint das Diktum ex oriente lux, das alle abendländische Kultur letztlich aus dem Osten käme, dass auch etwa die römische und griechische Kultur im Osten wurzelt 1). Diese Sichtweise beruht möglicherweise auf einer einseitigen Wahrnehmung allein der schriftlichen Überlieferung.

Kirchenbauten werden seit jeher geostet; diese Ostung orientiert sich am Sonnenaufgang (lat. ad orientem solem) und führte bei den ältesten Gotteshäusern dazu, dass der Priester vom Altar durch die Eingangstüre in den Sonnenaufgang blicken konnte 2).


1)
Muys, Gottfried. 1856. Forschungen auf dem Gebiete der alten Völker- und Mythengeschichte. 1 1. Köln: Heberle. Muys sieht als Urheber dieser Sichtweise den Franzosen Samuel Bochart, der in seiner monumentalen Geographica sacra ab 1646 das Bild des Orients zeichnete und dort auch das Paradies suchte.
2)
Franz Joseph Dölger
Sol salutis.
Gebet und Gesang im christlichen Altertum mit besonderer Rücksicht auf die Ostung in Gebet und Liturgie.
2. Ae. Aschendorff, Münster 1925