Johannes Ebers
Vollständiges Wörterbuch der Englischen Sprache für die Deutschen
Leipzig 1793, Band 1, S. 794
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Von allen Geistern die verneinen, Ist mir der Schalk am wenigsten zur Last. Des Menschen Tätigkeit kann allzuleicht erschlaffen, Er liebt sich bald die unbedingte Ruh; Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu. Johann Wolfgang Goethe, Faust, 338-343
Im allgemeinen Sprachgebrauch jemand, der Tricks zu seinem Vorteil einsetzt: ein Schwindler, Illusionist, Intrigant, Täuscher, Gauner, Betrüger, also Kniffe verwendet, Humbug 1) treibt und Ammenmärchen erzählt.
Fachsprachlich ist der Trickster eine relativ neue Denkfigur für einen immer wieder aufscheinenden Charakter in Mythen, Erzählungen und in der Literatur. Am Anfang steht im Mythos meist eine »chthonische Gottheit«, also ein Gott der sowohl im Reich der Lebenden als auch der Toten zuhause ist, daher vielfach eine Schwellengottheit für Übergänge ein Reisegott und Psychopompos. Darin ist bereits seine Doppelgesichtigkeit, seine Ambivalenz angelegt. Danach wird die Gestalt zum »cultural hero« und damit zur literarischen Figur 2).
Nach 1868 3) hat sich Trickster als Fachbegriff für Mythengestalten mit bestimmten, ambivalenten Merkmalen in literarischen, psychologischen und ethnologischen Zusammenhängen etabliert (französisch fripon, farceur). Weil solche Trickster zu allen Zeiten in den Vorstellungswelten der Menschen zu finden sind, spiegeln sie etwas zutiefst Menschliches und geraten damit zum Archetypen 4).
Der Trickster ist schwer fassbar, für ihn gilt immer ein `sowohl-als-auch´,
Trickster gab es also schon immer, aber erst seit 1868 finden sich Lucifer und Eulenspiegel, Pan und Papageno, Prometheus, Loki und Syrdon unter derselben Überschrift. Eindeutig ist nur, was kein Trickster ist: der Untertan, der brave Bürger oder das Heimchen am Herd. Die äußere Gestalt des Trickster ist weder auf Mann-Frau noch auch Mensch-Tier festgelegt, jedoch symbolisieren insbesondere Tiergestalten (Affe, Fuchs, Hase, Kojote, Rabe, Spinne) einzelne Eigenschaften. Reisende werden einige Trickstereigenschaften sehr hilfreich finden, etwa:
Reisende | Trickster | Disposition |
---|---|---|
Die Fähigkeit sich anzupassen | Meister der Verwandlung | Assimilation, Metamorphose |
kreative Lösungen | Meister der List | Gaukelei |
Geschicklichkeit | Meister der Improvisation | Bricolage, Autarkie |
Durchsetzungsvermögen | Meister des Umbruchs | Gewaltbereitschaft |
Möglichkeitssinn | Meister des Sowohl-Als-auch | Ambiguität, Anomalie, Polyvalenz |
Zielstrebigkeit | Bote | Effizienz, Fokus |
Dass es eine enge Verbindung zwischen Reisenden und der Figur des Trickster gibt, zeigt die Dissertation
5) von Alexander Knorr
, der die Biographien von sechs »historischen« Persönlichkeiten systematisch als Trickster identifizierte. Mir scheint, dass die Tricksterfigur mit dem ebenfalls schwer greifbaren Begriff des Abenteuers zusammenhängt, denn die Literatur über Abenteuerpersönlichkeiten führt auffallend häufig eben nicht nur zu Reisenden, sondern auch zu Schwindlern, während der Tricksterbegriff auffallend häufig zu den Kategorien von Heros/Held führt.
Sehr zugespitzt lässt sich sagen: Eine Persönlichkeit, die sich jeder Einordnung durch ein Sowohl-Als-auch widersetzt, ist ziemlich sicher ein Trickster. Und C.G. Jung
meinte, dass überall, wo ein »Affentheater« zu beobachten ist, der Trickster am Werk sei. Psychologen würden ihn wohl als Psychopathen einordnen, mit einer liebenswerten Seite 6). Differenziertere Ansätze zitiert Knorr
, etwa von Wolfgang Stein
7), der in den indianischen Trickstergeschichten wiederkehrende Phasen findet:
Dagegen kategorisiert William J. Hynes
8) die Merkmale des Tricksters als
Auffallend oft ist der Trickster der Dritte im Dazwischen als Beobachter, Bote, Fremder, Hermaphrodit, Intrigant, Mittler, Rivale, Sündenbock. In den Mythen ist er oft ein Halbgott und schlägt die Brücke zu den Menschen: Hermes, Lemminkäinen (finn.), Loki, Pan, Prometheus, Syrdon (Kaukasus). Er brachte den Menschen Feuer und Technik und schützt als Reisegott die Reisenden im Zwischenraum. Archaisch ist der Trickster als »der Dritte« 9) Teil der Trinität, die im menschlichen Bewusstsein tief verankert ist und in eine Zeit zurückführt, in der Zählen bedeutete: Eins, Zwei, Andere, Viele:
1 | 2 | 3 |
---|---|---|
Ich | Du | Andere |
Das Eine | Das Zweite | Das Andere |
Dies | Das (Gegenteil) | Sowohl-Als auch |
Männlich | Weiblich | Zwitter |
Hier | Dort | Das Verbindende |
Erde | Himmel | Weltenbaum, Achse |
Erschaffen | Bewahren | Zerstören |
Vorstellung | Wille | Tat |
Götter | Menschen | Helden |
Der Trickster steht am Ursprung technischen Handelns, weil er als Erster in natürlich zuhandenen Dingen die Möglichkeit erkannt hat (Vorstellung) ein Ziel zu erreichen, denn er plant die Schritte dorthin und setzt dafür geeignete Mittel ein, beispielsweise der Ast, der als Stock zu Werkzeug und Waffe wird. Das altgriechische mechane bezeichnete dementsprechend zunächst eine kluge Handlungsweise, dann die Mechanik, und später eine Maschine.
Bassil-Morozow, Helena
. The Trickster in Contemporary Film. Routledge 2011Baron, James R.
Eliot, Alexander
Elling, Elmar
Harris, Alan C.
Landay, Lori
Christopher Vogler
Waddell, Terrie
Johannes Klopf, Manfred Gabriel, Monika Frass
(Hrsg.)
Trickster – Troll – Trug
Salzburger Kulturwissenschaftliche Dialoge Band 4 Paracelsus-Verlag Salzburg 2016, ISBN: 3902776218
Das Editorial von Johannes Klopf
als Digitalisat
Vom Trickster als Archetyp zur Sozialfigur des erfolgreichen Psychopathen.
Strukturprinzipien und polymorphe Erscheinungsformen
Bal, Mieke
Douheihi, Anne
Exum, Jo Cheryl; BOS, Johanna W.H.
(Hrsg.)Feit, Kenneth
Hubbard, Patrick
William J. Hynes
Koepping, Klaus-Peter
Lewis Hyde
Hynes, William James
Hynes, William James
Hynes, William James
; Doty, William Guy
McNeely, Deldon Anne
Chaz Gormley
Porterfield, Sally F. u.a. (Hg.)
Paul Radin
C.G. Jung
Welsford, Enid Elder Hancock
Wesselski, Albert Friedrich Maria
(Hrsg.)Williams, Paul V.A.
(Hrsg.)Johannes Ebers
Eloeva F., Sausverde E.
Carl Gustav Jung
Alexander Knorr
Rolling Stones
: Sympathy for the Devil, Album: Beggar's Banquet. London Records. 1968Wolfgang Stein
William J. Hynes
Erhard Schüttpelz