====== System ====== Das altgriechische //sýstema// bezeichnet etwas, das aus Teilen besteht, also ein Gebilde, etwas Verbundenes oder Zusammengestelltes. Naturphilosophisch betrachtet ist also alles System, da sich alles zerlegen lässt: [[wiki:chemie#3. Eigenarten und Stoffe|Stoffe]] in Moleküle, Moleküle in Atome, diese in Elementarteilchen usw. Dann wäre der Begriff also weitgehend sinnlos. * Zur Begriffsgeschichte siehe [[https://begriffsgeschichte.de/doku.php/begriffe/system|ZfL »System«]] Tatsächlich steht er aber für das menschliche Anliegen etwas, das er nicht versteht, zu zerlegen. Die Natur ist Natur, erst der Blick des Menschen macht daraus ein Ökosystem. Je genauer man hinschaut, desto komplexer wird es. Pflanzenkunde etwa besteht darin, eine Pflanze zu zerlegen in Wurzel, Stengel, Blatt, Blüte usw. Das lässt sich wunderbar mit [[wiki:fachbegriffe|Fachbegriffen]] beschreiben und definieren und führt zu einem tieferen Verständnis, der »Systematik des Pflanzenreichs«. Zerlegen ist aber immer auch ein Zerstören - man kann die Pflanze nicht mehr zusammensetzen, sie ist tot. Es muss also etwas verloren gegangen sein. Was das ist, vermag die Pflanzensystematik aber nicht zu sagen. Dem anscheinend »tieferen Verständnis« fehlt das Wesentliche. Das **Systemdenken** ist einerseits außerordentlich fruchtbar. Es ist andererseits beschränkt, weil es nie mehr enthält als es sich der jeweilige Anwender des Systemdenkens vorstellen kann. Das System ist nicht die [[wiki:wahrnehmung|Wirklichkeit]] sondern die Vorstellung der Wirklichkeit, an die wir glauben und die wir als liebgewonnene [[wiki:illusionen|Illusionen]] pflegen ((vergleichbar mit Platons [[https://gutenberg.spiegel.de/buch/politeia-4885/1|Höhlengleichnis]])). Die **»Allgemeine Systemtheorie«** im Sinne von ''Niklas Luhmann'' lässt sich auf alle Sachgebiete anwenden; eine //Systemtheorie der Technik// hat ''Günter Ropohl'' ausgearbeitet. Sie basiert auf der Vorstelllung eines »[[wiki:soziotechnisches_handlungssystem|soziotechnischen Handlungssystems]]«, das also nicht nur auf die Technik schaut, sondern auf die Verwendung der Technik im menschlichen [[wiki:techne|Handeln]]: »Technik umfasst die Menge der (a) nutzenorientierten, künstlichen, gegenständlichen Gebilde (Artefakte, Sachsysteme), (b) menschlicher Handlungen und Einrichtungen, in denen Sachsysteme entstehen und (c) menschlicher Handlungen, in denen Sachsysteme verwendet werden.« Umgangssprachlich neigen wir dazu, alles als System zu bezeichnen, was man nicht versteht; besonders tiefe Hilfslosigkeit wird zu einem "komplexen System". Bewegt sich das Ganze, wird es zum Prozess. Besonders häufig betroffen sind »technische Systeme« - //[[wiki:antriebssysteme|Antriebssystem]], Bremssystem, [[wiki:batteriemanagementsystem|Batteriemanagementsystem]]// usw. - und deren »[[wiki:fehler|Systemfehler]]«, die eben häufig Konstruktionsfehler sind, also Denkfehler. Sehr unterhaltsam hat sich damit ''John Gall'' befasst, dessen [[wiki:Systemantics|Systemantics]] leider nicht übersetzt vorliegt ((''John Gall''\\ //The Systems Bible.\\ The Beginner's Guide to Systems Large and Small//\\ General Systemantics Press/Liberty 2003. ISBN 0-9618251-7-0 (dritte Ausgabe der 1978 erschienenen Erstausgabe //Systemantics: How Systems Really Work and How They Fail//)). ---- * ''Niklas Luhmann'' * 1984 //Soziale Systeme// ISBN 3-518-28266-2 * 1997 //Die Gesellschaft der Gesellschaft// ISBN 3-518-58240-2 * 2017 //Systemtheorie der Gesellschaft// ISBN 3-518-58705-6 * ''Günter Ropohl''\\ //Allgemeine Systemtheorie. Einführung in transdisziplinäres Denken//\\ edition sigma, Berlin 2012, ISBN 978-3-8360-3586-6 * ''Günter Ropohl''\\ //Eine Systemtheorie der Technik: zur Grundlegung der Allgemeinen Technologie//.\\ 3. Ausgabe Karlsruhe 2009 * ''Horst Wolffgramm''\\ //Allgemeine Techniklehre. Elemente, Strukturen und Gesetzmäßigkeiten (Einführung in die Denk- und Arbeitsweisen der allgemeinen Techniklehre)// 633 S. 2012 [[https://dgtb.de/wp-content/uploads/2018/11/Wolffgramm-Allgemeine-Techniktheorie-klein.pdf|Online]]