Inhaltsverzeichnis

Fahrsituationen

Das Fahren als »Handling« von Kräften setzt sich zusammen aus

Dem entgegen wirken äußere Widerstände:

Die normale Fahrsituation

Eine normale Fahrsituation bedeutet, Längs- und Seitenkräfte in weiten Bereichen moderieren zu können. Dieser Spielraum ist jedoch grundlegend begrenzt:

  1. Ein *Reifen kann nur begrenzt Kraft auf den Untergrund übertragen; diese Grenze ist durch den Kraftschlussbeiwert (auch: Reibbeiwert) bestimmt.
    Dieser hängt ab von den Reifen, dem Untergrund (Asphalt, Beton, Lehm, Sand) und dem Zustand des Untergrundes (trocken, nass, vereist, staubig).
    Optimaler Kraftschluss ist bei etwa 10% Schlupf erreicht.
  2. Die Motorleistung kann nur begrenzt in Geschwindigkeit umgesetzt werden;
    diese Grenze ist auf ebener Fläche durch den Luftwiderstand bestimmt;
    bei Höchstgeschwindigkeit ist keine überschüssige Leistung mehr verfügbar.
    Das Optimum an überschüssiger Leistung ist etwa zwischen 50 und 80 km/h verfügbar.
  3. Jeder Gang kann nur begrenzt Zugkraft übersetzen;
    das Optimum ist jeweils bei mittlerer Drehzahl erreicht;
    die höchste Zugkraft wird im ersten Gang erreicht.

Wird diese maximal verfügbare Kraft von 100 Prozent vollständig zur Vorausfahrt genutzt, kann das Fahrzeug nicht mehr gelenkt werden. Jede Störung wird dann unkontrollierbar. Eine normale Fahrsituation ist also dadurch gekennzeichnet, dass x Prozent der maximal verfügbaren Kraft für die Lenkkraft verfügbar sind.

Störfaktoren

Die Fahrsituation wird jedoch kritisch, wenn

  1. der Kraftschlussbeiwert drastisch abfällt, also entsprechend weniger Zugkraft verfügbar ist;
  2. unvermittelt größere Seitenkräfte fürs Lenken und zum Spurführen erforderlich werden;
  3. 100% der verfügbaren Kraft für eine Vollbremsung erforderlich sind.

Äußere Einflüsse, die dazu führen können, sind:

Reaktive Einflüsse durch den Fahrer sind:

Kritische Fahrsituationen

Daraus resultieren kritische Fahrsituationen im Grenzbereich, nämlich:

Wird gebremst, während seitliche Kräfte wirken, sind drei Fälle möglich:

Räder blockierenFahrzeugdynamikLenkungFolge
Hinterachse instabillenkbarDrehen
Vorderachsestabilnicht lenkbarUntersteuern
Hinter- und Vorderachse indifferentnicht lenkbarDriften

Maßnahmen

Bewegt sich das Fahrzeug erst einmal unkontrolliert, so kann es sich aufschaukeln, ausbrechen, schleudern, kippen, sich überschlagen, aufprallen. Solche Situationen können beherrschbar sein durch richtige Reaktionen, die aber Erfahrung voraussetzen:

Bei Gefällestrecken

Das Bremssystem ist auf die Fahrzeugmasse abgestimmt. Vollbeladen und überladen kann das Bremssystem so heiß werden, dass es durch Fading oder Dampfblasenbildung versagt. Situative Maßnahmen sind:

Besonderheiten bei Fernreisemobilen

Die geschilderten Grenzbereiche lassen sich im normalen Straßenbetrieb weitgehend durch angepasstes Fahrverhalten vermeiden und gehören dann eher zum Gesprächsstoff von Rallyepiloten.
Unterwegs mit dem Fernreisemobil treten solche kritischen Situationen jedoch vermehrt auf, auch bei geringen Geschwindigkeiten. Sie werden begünstigt durch:

Die Fahrdynamik vorbereitend gestalten

Die Fahrdynamik in solchen Fahrsituationen wird beeinflusst durch

Fahren im Gelände

Widerstände im Gelände

Die Fahrdynamik auf guten Straßen wird wesentlich vom Luftwiderstand bei höheren Geschwindigkeiten bestimmt. Beim langsamen Fahren im Gelände spielt das keine Rolle, hier gelten andere Regeln. Die wesentlichen Widerstände im Gelände sind:

Lehm (»Mudding, mud bogging, mud slinging«)

Charakterisiert durch

Besondere Gefahren

Maßnahmen

Sand (»Dune bashing«)

Charakterisiert durch

Besondere Gefahren

Maßnahmen

Naturwege (»green laning«)

Charakterisiert durch

Besondere Gefahren

Maßnahmen

Felspfade (»rock crawling«)

Charakterisiert durch

Besondere Gefahren

Maßnahmen

Maximen für Geländefahrten

Man kann (theoretisch) von Kairo bis Kapstadt auf Asphaltstraßen fahren. Regenzeit und Erdrutsche, Baustellen und Umleitungen erzwingen jedoch selbst dort immer wieder das Verlassen von Hauptverkehrsstraßen; unvorhersehbar werden lange Pisten- und Geländefahrten unausweichlich; Unfälle und Umfälle mahnen wieder und wieder am Straßenrand. Auf der Straße zu bleiben, erfordert dann unablässig ein kontrolliertes Beherrschen des Fahrzeugs.

Voraussetzung 1: Das Fahrzeug beherrschen

Das setzt voraus, dass man sein Fahrzeug genau kennt, also ein Gefühl für die Fahrzeugmaße hat; den Wendekreis einschätzen kann; ein Gefühl für die Bodenfreiheit und die Winkel etwa bei Böschungsfahrten beurteilen kann; genau weiß, wo sich die Reifen befinden oder die Differentiale; sich exakt die Spurbreite im vorausliegenden Gelände vorstellen kann usw.

Voraussetzung 2: Pick a good line

Wer an eine gute Fahrbahn gewohnt ist richtet sein Augenmerk auf Störungen der Fahrbahn, etwa einen Gegenstand oder ein Loch, verzögert und umfährt diese Störung. Im Gelände hilft es, seinen Blick zu ändern, denn dort überwiegen die Störungen. Also muss der Blick die Fahrspuren fokussieren und dort wo keine sind, so im Gelände imaginieren, dass die Problemstellen möglichst unberührt bleiben. Wichtig ist die Fahrspur, nicht das Problem. Wer auf das Problem schaut, trifft es auch.

Regel 1: Langsam fahren

Insbesondere auf Pisten und im Gelände wird oft unvermittelt eine maximale Zugkraft des Fahrzeugs benötigt. Diese ist aber weder im vierten oder fünften Gang noch bei Geschwindigkeiten über 80 km/h verfügbar, also lautet die wichtigste Grundregel: Langsam fahren.

Regel 2: Den richtigen Gang einlegen

Die meisten Problemstellen werden mit Zugkraft überwunden, nicht mit Geschwindigkeit. Damit ununterbrochen Kraft auf den Untergrund übertragen wird, darf der Gang nicht gewechselt werden. Die höchstmögliche Zugkraft liefert der kleinstmögliche Gang.

Regel 3: Vollgas geradeaus

Die maximale Zugkraft erhält man weder mit rutschender Kupplung noch bei hektischem Lenken. Wer langsam fährt, kann auch stehenbleiben und vor kritischen Passagen nachdenken, wie diese anzugehen sind. Dann im geeigneten Gang (ohne Zugkraft duerch Schalten zu verlieren) in gerader Linie (mit minimalen Lenkkraftverlust) mit Vollgas durch, also kraftvoll jedoch nicht schnell.

Regel 4: Don't touch the clutch

Wer zu schnell ist, hat den falschen Gang gewählt. Kontrolle über das Fahrzeug hat nur, wer die Motorleistung über den Reifen ständig auf den Untergrund bringt. Das Treten der Kupplung hat (je nach Untergrund) mehrere negative Folgen:

Daher: »The clutch is your enemy.« Es wird erst ausgekuppelt, wenn der Wagen feststeckt oder aus der Problemzone raus ist.

Regel 5: Let the car do the work

Motorradfahrer kennen den Effekt: Das Vorderrad sucht seinen Weg. Das gilt auch für die Vorderachse im Gelände, erfordert jedoch Gefühl und *Vertrauen: die Reifen winden sich durch Geröllstrecken und erst recht werden sie in tiefen Sandspuren geführt. Stures, starres Lenken dagegen überanstrengt Fahrer und Material. Zudem geht jede seitliche Lenkkraft der Zugkraft verloren.
Voranfahrt gibt es nur mit dem Gaspedal. Gefühlvolles Lenken ist sinnvoll, Bremsen ist fast nie sinnvoll, Kuppeln ist fast immer schädlich.


siehe auch:
* Elchtest
Kammscher Kreis
Auffahrunfall
Crashtest
* Geländefahrzeug
* Die gefährlichsten Straßen der Welt
* Terramechanics

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