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wiki:aufbruch

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   Franz Kafka (1883 - 1924)   Franz Kafka (1883 - 1924)
  
-Jede [[wiki:reisen|Reise]] beginnt mit einem Aufbruch ((mhd. risen, ahd. risan, engl. rise bezeichnen ein //sich erheben//, also Aufbruch als Grundbedeutung von Reise)). In jedem Aufbruch keimt die Saat eines unbekannten [[wiki:abenteuer|Abenteuers]]. Wer die Tür hinter sich schließt, hat sich dazu entschieden, das weiß schon ein Sprichwort: //»Wer über die Türschwelle ist, hat die halbe Reise getan.«// ((K.F.W. Wander, Deutsche Sprichwörter)): der [[wiki:uebergang|Übergang]] durch den ersten [[wiki:zwischenraum|Zwischenraum]] ist vollzogen (→ [[wiki:liste_der_raumvorstellungen|Raumvorstellungen]]).+Jede [[wiki:reisen|Reise]] beginnt mit einem Aufbruch ((mhd. risen, ahd. risan, engl. rise bezeichnen ein //sich erheben//, also Aufbruch als Grundbedeutung von Reise)), gefolgt vom [[wiki:abfahren|abfahren]]. In jedem Aufbruch keimt die Saat eines unbekannten [[wiki:abenteuer|Abenteuers]]. Wer die Tür hinter sich schließt, hat sich dazu entschieden, das weiß schon ein Sprichwort: //»Wer über die Türschwelle ist, hat die halbe Reise getan.«// ((K.F.W. Wander, Deutsche Sprichwörter)): der [[wiki:uebergang|Übergang]] durch den ersten [[wiki:zwischenraum|Zwischenraum]] ist vollzogen (→ [[wiki:liste_raumvorstellungen|Raumvorstellungen]]). Das sehr alte deutsche Wort '[[https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=W11412|weghaft]]' bezeichnet im Gegensatz zu 'sesshaft' den reisefertigen Zustand vor dem Aufbruch.
  
 Das Herzklopfen beim Aufbruch verweist auf die Ambivalenz dieses Augenblicks: die Furcht vor dem Unbekannten einerseits, [[wiki:neugier|Neugier]] und [[wiki:sehnsucht|Sehnsucht]] andererseits. Diesem Augenblick wohnt ein Reiz inne, der die [[wiki:phantasie|Phantasie]] entfesselt. Die Phantasie ist bereits [[wiki:unterwegs-sein|unterwegs]], bevor die Reise physisch beginnt. Die [[wiki:imaginaere_reisen|imaginäre Reise]] in eine [[wiki:welt|Welt]] jenseits des Bekannten, in das Vorstellbare und Unvorstellbare, weckt Lust, aber auch Angst. Die Phantasie gebiert Träume, aber auch Albträume. So gab es bereits in der griechisch-römischen Antike eine literarische Form zum Aufbruch, das [[wiki:propemptikon|Propemptikon]]. Das Herzklopfen beim Aufbruch verweist auf die Ambivalenz dieses Augenblicks: die Furcht vor dem Unbekannten einerseits, [[wiki:neugier|Neugier]] und [[wiki:sehnsucht|Sehnsucht]] andererseits. Diesem Augenblick wohnt ein Reiz inne, der die [[wiki:phantasie|Phantasie]] entfesselt. Die Phantasie ist bereits [[wiki:unterwegs-sein|unterwegs]], bevor die Reise physisch beginnt. Die [[wiki:imaginaere_reisen|imaginäre Reise]] in eine [[wiki:welt|Welt]] jenseits des Bekannten, in das Vorstellbare und Unvorstellbare, weckt Lust, aber auch Angst. Die Phantasie gebiert Träume, aber auch Albträume. So gab es bereits in der griechisch-römischen Antike eine literarische Form zum Aufbruch, das [[wiki:propemptikon|Propemptikon]].
  
-Der [[wiki:reisende|Reisende]] weiß, daß es für ihn unterwegs keinen Alltag geben wird, er bricht beim Aufbruch mit Routinen und Gewohnheiten. Einmal [[wiki:unterwegs-sein|unterwegs]], werden wir zum [[wiki:der_fremde|Fremden]] und sind als solcher arm an Bindungen, immerhin reich an [[wiki:moeglichkeitssinn|Möglichkeiten]] und jeder neue Aufbruch entledigt uns von neuen Bindungen und erweitert den [[wiki:freiheit|freien]] Raum.+Der [[wiki:reisende|Reisende]] weiß, daß es für ihn unterwegs keinen Alltag geben wird, er bricht beim Aufbruch mit Routinen und Gewohnheiten. Einmal [[wiki:unterwegs-sein|unterwegs]], werden wir zum [[wiki:der_fremde|Fremden]] und sind als solcher arm an Bindungen, immerhin reich an [[wiki:moeglichkeitssinn|Möglichkeiten]] und jeder neue Aufbruch entledigt uns von neuen Bindungen und erweitert den [[wiki:freiheit|freien]] Raum. Die Flüchtigkeit dieses Zustandes wird beschrieben als Transit, [[wiki:passage|Passage]], 'nur auf der Durchreise sein', [[wiki:uebergang|Übergang]], [[wiki:unterwegs-sein|unterwegs-sein]] im [[wiki:zwischenraum|Zwischenraum]].
  
-Weitaus die meisten scheuen daher den Aufbruch (siehe [[wiki:balconing|balconing]]) und von denen, die gehen, kehren manche nie zurück und die meisten sind nicht mehr die, als die sie losgezogen sind.+Weitaus die meisten scheuen daher den Aufbruch (siehe [[wiki:balconing|balconing]]) und von denen, die gehen, kehren manche nie zurück und viele sind nicht mehr die, als die sie losgezogen sind.
  
 Der Aufbruch ist Teil eines immer wiederkehrenden Topos des Reisens: Lösen der Bindungen, Aufbruch ins Unbekannte, Konfrontation mit Angst, Sieg über die Angst, Rückkehr, Weitergabe des Wissens. Der [[wiki:pilger|Pilger]] nutzt diesen Weg zur inneren Einsicht; der [[wiki:abenteuer|Abenteurer]], um sich mit der Außenwelt zu messen. Beide [[wiki:weg|Wege]] erweitern unser Verständnis von »[[wiki:weltanschauung|Welt]]«, sei es die spirituelle oder die geographische. In jedem Fall weg-führend ist jedoch der Moment des Aufbruchs, denn //»Wer nie geht – kehrt nie heim«// (''Heinz Rox-Schulz'').  Der Aufbruch ist Teil eines immer wiederkehrenden Topos des Reisens: Lösen der Bindungen, Aufbruch ins Unbekannte, Konfrontation mit Angst, Sieg über die Angst, Rückkehr, Weitergabe des Wissens. Der [[wiki:pilger|Pilger]] nutzt diesen Weg zur inneren Einsicht; der [[wiki:abenteuer|Abenteurer]], um sich mit der Außenwelt zu messen. Beide [[wiki:weg|Wege]] erweitern unser Verständnis von »[[wiki:weltanschauung|Welt]]«, sei es die spirituelle oder die geographische. In jedem Fall weg-führend ist jedoch der Moment des Aufbruchs, denn //»Wer nie geht – kehrt nie heim«// (''Heinz Rox-Schulz''). 
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 +  * ''Clausen, Jens''\\ //Vom Verlassen sicherer Häfen.//\\ In: Soziale Psychiatrie 4 (1997) 4–7
 +  * ''Webster, William T.''\\ //Der „Hinhocker” Und Der „Weltwanderer”: Zur Bedeutung der Reise bei ''Wilhelm Raabe''//\\ Jahrbuch der Raabe-Gesellschaft, 23.1 (1982) 26-39. [[https://doi.org/10.1515/9783110243710.26|DOI]]
 +  * ''Farrelly, Daniel J.''\\ //„Wie bin ich froh, daß ich weg bin“: Goethes erste Reise in die Schweiz – Reisen als Flucht.//\\ S. 417–427 in: Fuchs, Anne und Harden, Theo (Hg.): Reisen im Diskurs. Modelle der literarischen Fremderfahrung von den Pilgerberichten bis zur Postmoderne. Heidelberg 1995: Universitätsverlag C. Winter
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   * ''Richard Horn''\\ //Aufbruch//, 1919\\ Leichtmetall, patiniert, 97×39×40 cm Berlin, Nationalgalerie   * ''Richard Horn''\\ //Aufbruch//, 1919\\ Leichtmetall, patiniert, 97×39×40 cm Berlin, Nationalgalerie
   * ''Moritz von Schwind''\\ //Abschied im  Morgengrauen//, 1859\\ Öl auf Pappe, 36×24 cm Berlin, Nationalgalerie   * ''Moritz von Schwind''\\ //Abschied im  Morgengrauen//, 1859\\ Öl auf Pappe, 36×24 cm Berlin, Nationalgalerie
-  * ''Webster, William T.''\\ //DER „HINHOCKER” UND DER „WELTWANDERER”: ZUR BEDEUTUNG DER REISE BEI WILHELM RAABE//\\ Jahrbuch der Raabe-Gesellschaft, vol. 23, no. 1, 1982, pp. 26-39. https://doi.org/10.1515/9783110243710.26 
  
-siehe auch [[wiki:abfahren|abfahren]] 
  
 <html><img src="https://vg07.met.vgwort.de/na/a4a682587aa649caa3e4a59986ceeb9a" width="1" height="1" alt=""> <html><img src="https://vg07.met.vgwort.de/na/a4a682587aa649caa3e4a59986ceeb9a" width="1" height="1" alt="">
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wiki/aufbruch.1656643885.txt.gz · Zuletzt geändert: 2022/07/01 02:51 von norbert

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