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Geleisestraßen

Im neuen Gleise geht der Wagen wohl.
Wer aus dem Gleise kommen ist, 
dem muss man wieder hineinhelfen.

Karl F. W. Wander: Deutsches Sprichwörter-Lexicon

Straßenbau

Geleisestraßen sind Einrichtungen für das Fahren im Gelände, aber keine Pisten, es sind angelegte Straßen, keine Wege. Es gab sie sicher in römischer Zeit, wahrscheinlich bereits vorher und sie wurden bis ins 16. und 17. Jahrhundert gebaut, dann jedoch durch den Bau von glatten Fahrbahnen abgelöst 1). Möglicherweise hängt dies zusammen mit der Verbreitung der gefederten Kutsche ab dem 16. Jahrhundert und der Einführung des Postkutschensystems im 17. Jahrhundert.

Geleisewege mit wannenförmig ausgefahrenen (Spurrinnen) entstehen natürlich dort, wo schwere Wagen immer wieder dieselbe Spur nehmen. Geleisestraßen wurden jedoch gezielt angelegt, damit die Fuhrwerke bremsbar blieben und dabei nicht seitlich ausbrachen, meist also an Gefällestrecken auf felsigem Gelände (→ Alpenpässe). Solch führende Geleise besitzen mindestens vier Zentimeter tiefe, U- oder V-förmige Rillen in gleichbleibendem Abstand. Die Geleise sparen Lenkkräfte, weil die Seitenkräfte geringer werden. Das schont die Zugtiere und ermöglicht mehr freie Zugkraft zur Vorfahrt an Steigungen. Solche angelegten Geleisestraßen unterscheiden sich daher auch durch die Trassenführung (Breite, Steigung, doppelte Geleise) von durch Abnutzung entstandenen Geleisewegen und sind häufig Hohl- oder Hangwege. Experimentell (Schneider 2007) wurde ermittelt, dass Steinmetze im Kalkgestein 5–7 m, im Gneis 1,5–2 m und im Granit bis zu einem Meter Geleise täglich erstellen können. Die Spurweite war zumindest regional standardisiert, damit die Wagenbauer dies bei der Spurbreite berücksichen konnten.

Etymologie

Aus der indogermanischen Wurzel *leis- im Sinne einer ‘Ackerfurche’, die durch den Boden gezogen wurde, übertragen auf die Furche der Wagenräder, die diese durch das Fahren im Boden hinterlassen (9. Jh. ahd. waganleisa ‘Wagenspur’) 2), dann abstrahier als geleise (14. Jh. spätmhd.) für die Rille im Boden, die das Rad führt, damit es nicht `entgleist´. Daher meint `entgleisen´ auch ein unkontrolliertes, ausfallendes Verhalten. Anschließend muss man die Sache wieder in das rechte Gleis bringen.

Literatur

1)
G. Kühn: Der gleislose Erdbau. Berlin Springer 1956; siehe auch Macadam
2)
as. waganlēsa, ahd. waganleisa ’Wagenspur’, mhd. leise ’Spur’ < *loisáh2- : Wz. *leis- ’einer Spur nachgehen’ (Schaffner 2005)