====== Lübke-Englisch ====== [[wiki:jargon|Jargon]] für die interlineare Wort-für-Wort-Übersetzung von Phrasen, bei der ebendiese Phrase ihren Sinn verliert oder dieser entstellt wird. Sprachtheoretisch verknüpft sind *[[wiki:anglizismus|Anglizismen]] und Schein-Anglizismen sowie //[[wiki:false_friends|Falsche Freunde]]//. Die //Süddeutsche Zeitung// beobachtet neuerdings ein //»Reverse-Lübke-English«// (([[https://sz-magazin.sueddeutsche.de/sprache/ich-bin-nicht-fein-damit-84501 zu beobachten|Nataly Bleuel: Ich bin nicht fein damit]], SZ 19. Februar 2018)). ==== Beispiele ==== |English for runaways| Englisch für Fortgeschrittene| |What shalls|Was soll's| |Equal goes it loose|Gleich geht's los| |I understand only railway station |Ich verstehe nur Bahnhof| |You are heavy on wire|Du bist schwer auf Draht| |You can say you to me|Du kannst Du zu mir sagen| |I break together| Ich brech' zusammen| ==== Begriffsentstehung ==== ''Heinrich Lübke'' (1894 - 1972) war deutscher Bundespräsident (1959 - 1969) und wurde berühmt für sein unbeholfenes Auftreten ((Relativiert wird dieses Bild in: ''Rudolf Morsey'': //Heinrich Lübke: Eine politische Biographie//. Schöningh 1996, S. 385)) * Die ihm zugeschriebene Formulierung //»Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Neger«// bei einem Besuch in Liberia ist allerdings nicht zu belegen. * Und auch //»Equal goes it loose«// wurde ihm vom Spiegel zugeschrieben, Quelle wurde die »Bonner Fama« genannt ((Latein mit Russen. In: Der Spiegel. Nr. 18, 1967, S. 60–63)). Die darauffolgenden Leserbriefe in //Spiegel// 20 (1967) [[http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/46265053|S. 22-23]] unter der Überschrift //Heavy on wire// (Hartmut Krist) zeigen, welchen Spass die Leser hatten: //Thunderweather, that overrushed me// (Lothar Büchmann), //then have I equal the nose full - painted full// (Ernst-Enno Janssen). Der gesamte Vorgang inklusive Leserbriefe war jedoch eine Kampagne der //Spiegel//-Redaktion, schreibt ''Martin Rasper'' mit Bezug ((''Hermann L. Gremliza'': //Gremlizas Express//, in: konkret 3 (2006) S. 74)) auf den Spiegel-Redakteur ''Hermann Gremliza'' ((''Martin Rasper'': //"No Sports" hat Churchill nie gesagt. Das Buch der falschen Zitate.// 192 Seiten, Ecowin Verlag, Salzburg 2017)) Der [[wiki:begriff|Begriff]] //Lübke-Englisch// findet sich erstmals 1968 im //Spiegel//, der am 29.01.1968 Walter Scheel zitiert, als dieser Juliette Gréco ankündigte: »"Ich werde Ihnen jetzt in Lübke-Englisch zuprosten." Scheel toastete: "Upon the women!"« 1972 benutzte der //Sprachdienst//, die Zeitschrift der //Gesellschaft für deutsche Sprache e.V.//, den Begriff für die Formulierung //»What gives?«// (Was gibt's?) ==== Wirkung ==== Lübkes Eigenart ((Vermutlich war seine Frau schuld. ''Wilhelmine Lübke'' (1885–1981) sprach fließend Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch und Russisch. Dieser Hinweis auf die Ursache der Entstehung von Lübke-Englisch wird hier erstmals aufgedeckt!)) diente wohl mehr als Projektionsfläche für die weit verbreitete Unbeholfenheit mit einer Fremdsprache. Das griffige »Lübke-Englisch« wurde jedoch zum festen Begriff und bereitete den fruchtbaren Boden für zahlreiche komische, karikierende und kabarettistische Einfälle etwa bei der Zeitschrift //Pardon// oder dem Kabarett //Die Stachelschweine// sowie zahlreiche Humorbücher, die sich anscheinend seit Jahrzehnten gut verkaufen weil man herzlich über Andere lachen darf. ---- ==== Verweise ==== siehe auch:\\ * [[wiki:sprachen|Sprachen]]\\ * [[wiki:fachbegriffe|Fachbegriffe]]\\ ''Otto Waalkes'': //English for Runaways// (Sketch)\\ SPIEGEL-ONLINE-Kolumne »[[http://www.spiegel.de/thema/fluent_english/|Fluent English]]« Es gibt zahlreiche unterhaltsame Bücher zum Thema, etwa: Heinz G. Heygen, Peter W. Küttner English for runaways München : Goldmann 1990 156 Seiten Peter Littger The devil lies in the detail Kiepenheuer & Witsch GmbH 2015 309 Seiten