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wiki:walz

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 Ein Wunder ist es nicht, auf andere Reisende zu treffen. 1924 haben angeblich 700.000 Reisende Italien besucht, darunter 69.000 Deutsche. Um 1900 sind in Rom etwa 1.000 Deutsche ansässig, weitere 2.000 halten sich dort zu Studienzwecken auf, mehrere tausend besuchen die Stadt als Touristen oder Pilger. ((Der Rompilger, S. 49)) \\  Ein Wunder ist es nicht, auf andere Reisende zu treffen. 1924 haben angeblich 700.000 Reisende Italien besucht, darunter 69.000 Deutsche. Um 1900 sind in Rom etwa 1.000 Deutsche ansässig, weitere 2.000 halten sich dort zu Studienzwecken auf, mehrere tausend besuchen die Stadt als Touristen oder Pilger. ((Der Rompilger, S. 49)) \\ 
 Alfred Pfarre ist es ein besonderes Bedürfnis, in Gesellschaft zu sein und kaum einmal reist er alleine. Auch in Italien trifft er immer wieder auf Gesellen, Kunden, [[wiki:vagabund|Vagabunden]]. In Venedig den Luxemburger Journalisten Matthias Kientgen und einen badischen Gymnasiasten namens Wilhelm, einen dänischer Gärtner, einen deutschen Maler, dessen Freundin Helene Weil, den Sibirier, den Kanadier, den Russen, den großen Josef, den Heiland, einen Kundenphilosophen. In Rom findet er eine große Anzahl Kunden, die es sich dort heimisch gemacht haben, teilweise wohnen sie in den Katakomben, nicht so viele Kunden treiben sich in Neapel herum. Nur einmal trifft er in den vielen Monaten einen französischen Kunden, andere Nationalitäten sind etwas häufiger vertreten, doch die meisten sind Deutsche, sie sind oft //„...eine ganze Gruppe Heimatloser ..., Kunden, versumpfte Künstler, abgemusterte und weggelaufene Seeleute aus aller Herren Länder ... einen alten Speckjäger ... den kleinen buckligen Michael.“// \\  Alfred Pfarre ist es ein besonderes Bedürfnis, in Gesellschaft zu sein und kaum einmal reist er alleine. Auch in Italien trifft er immer wieder auf Gesellen, Kunden, [[wiki:vagabund|Vagabunden]]. In Venedig den Luxemburger Journalisten Matthias Kientgen und einen badischen Gymnasiasten namens Wilhelm, einen dänischer Gärtner, einen deutschen Maler, dessen Freundin Helene Weil, den Sibirier, den Kanadier, den Russen, den großen Josef, den Heiland, einen Kundenphilosophen. In Rom findet er eine große Anzahl Kunden, die es sich dort heimisch gemacht haben, teilweise wohnen sie in den Katakomben, nicht so viele Kunden treiben sich in Neapel herum. Nur einmal trifft er in den vielen Monaten einen französischen Kunden, andere Nationalitäten sind etwas häufiger vertreten, doch die meisten sind Deutsche, sie sind oft //„...eine ganze Gruppe Heimatloser ..., Kunden, versumpfte Künstler, abgemusterte und weggelaufene Seeleute aus aller Herren Länder ... einen alten Speckjäger ... den kleinen buckligen Michael.“// \\ 
-Der Kontakt zu anderen war so ausgeprägt, wie man es wünschte. Im Gegensatz zu Schroeder, der fast nie allein war und Gruppen bevorzugte, floh Winnig die Gesellschaft der Handwerksburschen und Kunden: //„Ein halber Tag in Gesellschaft gewandert war eine willkommene Abwechslung, aber danach nahm ich mir wieder meine [[wiki:freiheit|Freiheit]], die Freiheit des Wanderns und Rastens und die Freiheit der Gedanken.“// ((Winnig, S. 244)) Interessant ist eine hingeworfene Bemerkung Winnigs, als ihm in der Rüdesheimer Herberge ein Fremder auffällt:// „...er war zwar wandermäßig angezogen, aber in der Art vornehmer Leute ... daß ich ihn für einen Touristen hielt, der hier die Gelegenheit zu sozialen Studien wahrnahm, wozu sich manche Leute damals bewogen fühlten, nachdem Pastor Göhre drei Monate Fabrikarbeiter gewesen war und ein Buch darüber geschrieben hatte.“// ((Winnig, S. 248))\\ +Der Kontakt zu anderen war so ausgeprägt, wie man es wünschte. Im Gegensatz zu Schroeder, der fast nie allein war und Gruppen bevorzugte, floh Winnig die Gesellschaft der Handwerksburschen und Kunden: //„Ein halber Tag in Gesellschaft gewandert war eine willkommene Abwechslung, aber danach nahm ich mir wieder meine [[wiki:freiheit|Freiheit]], die Freiheit des Wanderns und [[wiki:rast|Rastens]] und die Freiheit der Gedanken.“// ((Winnig, S. 244)) Interessant ist eine hingeworfene Bemerkung Winnigs, als ihm in der Rüdesheimer Herberge ein Fremder auffällt:// „...er war zwar wandermäßig angezogen, aber in der Art vornehmer Leute ... daß ich ihn für einen Touristen hielt, der hier die Gelegenheit zu sozialen Studien wahrnahm, wozu sich manche Leute damals bewogen fühlten, nachdem Pastor Göhre drei Monate Fabrikarbeiter gewesen war und ein Buch darüber geschrieben hatte.“// ((Winnig, S. 248))\\ 
 Gemeinsam wurde die Zeit kürzer, man konnte sich unterhalten, hatte jemanden, dem man *[[wiki:vertrauen|vertrauen]] konnte, ein Stück Heimat in der Fremde. Heinrichs und Pfarre finden richtige Freunde auf der Landstraße, Menschen, die ihnen viel bedeuten und von denen sie sich nur schwer trennen; Winnig dagegen fühlte sich nahezu immer unter Fremden. Kam eine Gruppe von mehreren Kunden in einen Ort, so teilte man ein, wer in welchem Haus zu fechten hatte. Hinter dem Dorf wurde zusammengeworfen und gerecht geteilt. Schroeder wird einmal unterwegs sehr krank und ohne die Kunden, die er eben erst getroffen hatte, wäre er am Wegesrand liegengeblieben: //„Jetzt weiß ich, was Kameradschaft ist. Wohl steht man dem Bruder näher, man tut etwas für ihn, weil er zur Familie gehört, man hintergeht ihn auch nicht, was man vielleicht bei einem fremden Menschen tun würde ... Beim Kameraden aber kommen solche Gedanken noch nicht einmal auf. Wahre Kameradschaft zerschmettert die Hölle!“// ((Schroeder, S. 212))\\  Gemeinsam wurde die Zeit kürzer, man konnte sich unterhalten, hatte jemanden, dem man *[[wiki:vertrauen|vertrauen]] konnte, ein Stück Heimat in der Fremde. Heinrichs und Pfarre finden richtige Freunde auf der Landstraße, Menschen, die ihnen viel bedeuten und von denen sie sich nur schwer trennen; Winnig dagegen fühlte sich nahezu immer unter Fremden. Kam eine Gruppe von mehreren Kunden in einen Ort, so teilte man ein, wer in welchem Haus zu fechten hatte. Hinter dem Dorf wurde zusammengeworfen und gerecht geteilt. Schroeder wird einmal unterwegs sehr krank und ohne die Kunden, die er eben erst getroffen hatte, wäre er am Wegesrand liegengeblieben: //„Jetzt weiß ich, was Kameradschaft ist. Wohl steht man dem Bruder näher, man tut etwas für ihn, weil er zur Familie gehört, man hintergeht ihn auch nicht, was man vielleicht bei einem fremden Menschen tun würde ... Beim Kameraden aber kommen solche Gedanken noch nicht einmal auf. Wahre Kameradschaft zerschmettert die Hölle!“// ((Schroeder, S. 212))\\ 
 //„Die wandernden Schleifer hatten damals einen Brauch, den sie als Geheimnis behandelten: alle Jahre um Johannis trafen sie sich irgendwo und hielten drei Tage lang ein Lager mit Zecherei und Schmauserei. dann standen ihre Wagen, fast dreißig an der Zahl, in der Dickung, und die Schleifer lagen abseits im Grase ...“// ((Winnig, S. 249)) //„Die wandernden Schleifer hatten damals einen Brauch, den sie als Geheimnis behandelten: alle Jahre um Johannis trafen sie sich irgendwo und hielten drei Tage lang ein Lager mit Zecherei und Schmauserei. dann standen ihre Wagen, fast dreißig an der Zahl, in der Dickung, und die Schleifer lagen abseits im Grase ...“// ((Winnig, S. 249))
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 ===== 6 Die Internationale der Vagabunden ===== ===== 6 Die Internationale der Vagabunden =====
 ==== Die Armee du Salut ==== ==== Die Armee du Salut ====
-''Gerhard Rieger'', genannt Jonny, betritt in Genf die Armee du Salut: //„diese gottsverfluchte, internationale Vagabundenquetsche. Was die Loggia dei Lanzi in Florenz, Albergo Populare in Mailand, Schönbrünn in Wien, Pik Ass in Hamburg, das ist die Armee du Salut in Genf. Eine verdammt herrliche Bande war da zusammen: Ein Schweizer mit zerbeultem Mumiengesicht, der sich, weiss der Teufel woher, eine Fahrkarte nach Afrika besorgt hat. ... Ein Spanier, politischer Flüchtling, schreibt Briefe. Ein dänischer Heizer macht Rast auf dem Tramp nach Konstantinopel. Zwei Tschechen kauderwelschen mit einem Bremer, der soeben der französischen Legion entwischt ist. Ein von allen verkohlter Russe ist da, der uns den Kaffee bringt ...“// ((Gerhard Rieger „Die Vagabunden-Internationale“ in: Trappmann, S. 234))\\ +''Gerhard Rieger'', genannt Jonny, betritt in Genf die Armee du Salut: //„diese gottsverfluchte, internationale Vagabundenquetsche. Was die Loggia dei Lanzi in Florenz, Albergo Populare in Mailand, Schönbrünn in Wien, Pik Ass in Hamburg, das ist die Armee du Salut in Genf. Eine verdammt herrliche Bande war da zusammen: Ein Schweizer mit zerbeultem Mumiengesicht, der sich, weiss der Teufel woher, eine Fahrkarte nach Afrika besorgt hat. ... Ein Spanier, politischer Flüchtling, schreibt Briefe. Ein dänischer Heizer macht [[wiki:rast|Rast]] auf dem Tramp nach Konstantinopel. Zwei Tschechen kauderwelschen mit einem Bremer, der soeben der französischen Legion entwischt ist. Ein von allen verkohlter Russe ist da, der uns den Kaffee bringt ...“// ((Gerhard Rieger „Die Vagabunden-Internationale“ in: Trappmann, S. 234))\\ 
 ''Kurt Motzer'' verbrachte zu Anfang dieses Jahrhunderts 27 Jahre auf der Landstraße und erzählt: //„Wer sich in Italien auf das Schmalmachen ((Der Schmalmacher ist ein Straßenbettler)) verstand, dem ging es nicht übel, und stellenweise behielten die Bauern einen auch über Nacht. In Frankreich ist es mit der Tippelei mies. Das Plattmachen ((Als Plattmachen oder Platte reißen wird das Übernachten in der Natur verstanden)) gehört dort zur Tagesordnung. ... Ich hatte mehrere Reisekollegen in Afric, aber immer wieder habe ich sie verloren. Weihnachten haben wir einmal, sechs deutschsprechende Kunden, in Tunis gefeiert. ... Bei den italienischen Farmern in der Tunisie und den spanischen in der Provinz Oran wurde ich oft und gut bewirtet.“((Hugo Motzer, 27 Jahre auf der Landstraße in: Trappmann, S. 260))// ''Kurt Motzer'' verbrachte zu Anfang dieses Jahrhunderts 27 Jahre auf der Landstraße und erzählt: //„Wer sich in Italien auf das Schmalmachen ((Der Schmalmacher ist ein Straßenbettler)) verstand, dem ging es nicht übel, und stellenweise behielten die Bauern einen auch über Nacht. In Frankreich ist es mit der Tippelei mies. Das Plattmachen ((Als Plattmachen oder Platte reißen wird das Übernachten in der Natur verstanden)) gehört dort zur Tagesordnung. ... Ich hatte mehrere Reisekollegen in Afric, aber immer wieder habe ich sie verloren. Weihnachten haben wir einmal, sechs deutschsprechende Kunden, in Tunis gefeiert. ... Bei den italienischen Farmern in der Tunisie und den spanischen in der Provinz Oran wurde ich oft und gut bewirtet.“((Hugo Motzer, 27 Jahre auf der Landstraße in: Trappmann, S. 260))//
 ==== Mähändis ==== ==== Mähändis ====
wiki/walz.txt · Zuletzt geändert: 2024/04/30 06:06 von norbert

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