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wiki:1985_sudan

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wiki:1985_sudan [2022/01/12 14:49] norbertwiki:1985_sudan [2023/04/07 06:37] norbert
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 Das ganze Jahr über hatte ich Reisepläne entworfen, Details geplant: Nach Schwarzafrika sollte es gehen, ohne Frage. Auch die Wüste wollte ich erleben, intensiv und tagelang, und den Dschungel kennenlernen. Die arabischen Länder dagegen lagen mir fern, ihr Lebensstil war mir zu laut, zu schrill. Eine Route durch Tunesien, Algerien, Niger zur westafrikanischen Küste war ausgearbeitet, einschlägige Literatur gelesen, erfahrene Freunde befragt und die Fährverbindungen über das Mittelmeer ausgekundschaftet, als ich von dem Plan eines Bekannten hörte, mit einem geländetauglichen Lkw die Libysche Wüste zu durchqueren und durch Ägypten, den Sudan, Kenia, Uganda, Ruanda, Burundi, Tanzania, Sambia und Zimbabwe bis nach Kapstadt zu gelangen. Das ganze Jahr über hatte ich Reisepläne entworfen, Details geplant: Nach Schwarzafrika sollte es gehen, ohne Frage. Auch die Wüste wollte ich erleben, intensiv und tagelang, und den Dschungel kennenlernen. Die arabischen Länder dagegen lagen mir fern, ihr Lebensstil war mir zu laut, zu schrill. Eine Route durch Tunesien, Algerien, Niger zur westafrikanischen Küste war ausgearbeitet, einschlägige Literatur gelesen, erfahrene Freunde befragt und die Fährverbindungen über das Mittelmeer ausgekundschaftet, als ich von dem Plan eines Bekannten hörte, mit einem geländetauglichen Lkw die Libysche Wüste zu durchqueren und durch Ägypten, den Sudan, Kenia, Uganda, Ruanda, Burundi, Tanzania, Sambia und Zimbabwe bis nach Kapstadt zu gelangen.
  
-Genau das war schon auf früheren Reisen mein Traum gewesen: Routen, Rastplätze und Richtungen im eigenen fahrzeug selbst bestimmen zu können anstatt sich in Bussen zu quälen. Über die //Deutsche Zentrale für Globetrotter// nahm ich Kontakt zu Reinhold auf: die Planungen steckten in der Endphase, Teilnehmer wurden gesucht, ich war dabei. Adieu Westafrika, vielleicht beim nächsten Mal.+Genau das war schon auf früheren Reisen mein Traum gewesen: Routen, Rastplätze und [[wiki:orientierung|Richtungen]] im eigenen fahrzeug selbst bestimmen zu können anstatt sich in Bussen zu quälen. Über die //Deutsche Zentrale für Globetrotter// nahm ich Kontakt zu Reinhold auf: die Planungen steckten in der Endphase, Teilnehmer wurden gesucht, ich war dabei. Adieu Westafrika, vielleicht beim nächsten Mal.
  
 Einige dieser Länder kannte ich von früheren Reisen, war schon einmal dort gewesen mit dem [[wiki:rucksack|Rucksack]] und unterwegs mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Und doch blieb immer der Eindruck zurück, nur die Oberfläche ertastet zu haben, nicht eingedrungen zu sein ins Land und lediglich von Stadt zu Stadt getrieben worden zu sein, eingeengt durch die Pfade der Zivilisation, durch Buslinien und Fahrpläne, ausgeliefert der scheinbaren Willkür des Fahrers, dessen Sprache ich nicht verstand, an Plätzen vorbei, an denen ich bleiben wollte. Einige dieser Länder kannte ich von früheren Reisen, war schon einmal dort gewesen mit dem [[wiki:rucksack|Rucksack]] und unterwegs mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Und doch blieb immer der Eindruck zurück, nur die Oberfläche ertastet zu haben, nicht eingedrungen zu sein ins Land und lediglich von Stadt zu Stadt getrieben worden zu sein, eingeengt durch die Pfade der Zivilisation, durch Buslinien und Fahrpläne, ausgeliefert der scheinbaren Willkür des Fahrers, dessen Sprache ich nicht verstand, an Plätzen vorbei, an denen ich bleiben wollte.
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 Dorthin waren auch die übrigen fünf Reisenden unterwegs. ''Georg'' flog aus Deutschland ein, ''Hardi'' war schon einige Monate unterwegs und mit ''Ulrike'' und ''Mathias'' machte ich nun schon seit drei Wochen in Ägypten einen richtig erholsamen Urlaub — vor dem großen Abenteuer. Dorthin waren auch die übrigen fünf Reisenden unterwegs. ''Georg'' flog aus Deutschland ein, ''Hardi'' war schon einige Monate unterwegs und mit ''Ulrike'' und ''Mathias'' machte ich nun schon seit drei Wochen in Ägypten einen richtig erholsamen Urlaub — vor dem großen Abenteuer.
  
-Eine Woche badeten und tauchten wir im Roten Meer; in der Nähe von //Sharm el Sheik// gibt es einsame [[wiki:strand-abc|Sandstrände]] und kleine Dörfer, in denen wir uns mit Fisch, Zucchini, Auberginen, Zwiebeln und Linsen versorgten. Der Strand, an dem wir schliefen, war sauberer als alle Hotels und morgens ging die Sonne über dem Meer auf; beim allmorgendlichen Strandlauf fand ich angetriebene Holzreste für das Frühstücksfeuer.+Eine Woche badeten und tauchten wir im Roten Meer; in der Nähe von //Sharm el Sheik// gibt es einsame [[wiki:liste_strand-abc|Sandstrände]] und kleine Dörfer, in denen wir uns mit Fisch, Zucchini, Auberginen, Zwiebeln und Linsen versorgten. Der Strand, an dem wir schliefen, war sauberer als alle Hotels und morgens ging die Sonne über dem Meer auf; beim allmorgendlichen Strandlauf fand ich angetriebene Holzreste für das Frühstücksfeuer.
  
-Ausgedehnte [[wiki:spaziergang|Spaziergänge]] führten uns durch die großartige  [[wiki:landschaft|Landschaft]]im Landesinnern: Roter Granit, von der Erosion zerfressen, bildet die sichtbare Oberfläche der Berge und Hügel, in den breiten Schluchten zeigt sich nur hier und da eine Akazie, manchmal Palmen, öfter Dornsträucher. Wenige Beduinen durchziehen das Land mit Kamelen und Ziegenherden, leben in grob gewebten Zelten. Einige Tage lang bekamen wir einen Eindruck von diesem Leben; zusammen mit einem Beduinen als Führer zogen wir auf Kamelen von Brunnen zu Brunnen.+Ausgedehnte [[wiki:spaziergang|Spaziergänge]] führten uns durch die großartige  [[wiki:landschaft|Landschaft]]im Landesinnern: Roter Granit, von der Erosion zerfressen, bildet die sichtbare Oberfläche der Berge und Hügel, in den breiten Schluchten zeigt sich nur hier und da eine Akazie, manchmal Palmen, öfter Dornsträucher. Wenige [[wiki:beduinen|Beduinen]] durchziehen das Land mit Kamelen und Ziegenherden, leben in grob gewebten Zelten. Einige Tage lang bekamen wir einen Eindruck von diesem Leben; zusammen mit einem [[wiki:beduinen|Beduinen]] als Führer zogen wir auf Kamelen von Brunnen zu Brunnen.
  
 In der letzten Woche brachen wir auf zum //Dschebel Musa//, dem Berg Moses, an dessen Fuß das älteste christliche Kloster, das Katharinenkloster, steht. Wir wollten den Sonnenaufgang erleben von diesem zweithöchsten Berg der Sinai-Halbinsel, und stiegen in der abendlichen Dämmerung auf, um unterhalb des Gipfels zu übernachten. Mehr als dreitausend Stufen führen auf den 2.283 Meter hohen Berg, angelegt von einem Mönch aufgrund eines Gelübdes. Die Stufen bestehen aus grob behauenen Felsen und sind dem Gelände angepasst, nicht aber der Schrittweise eines normalen Menschen; hin und wieder ging der Aufstieg in eine leichte Kletterei über. Unterhalb des Gipfels befindet sich eine Opferstätte, an der gewaltige Zypressen einen Brunnen beschirmen. Zwei karge Hütten stehen leer. Fellstücke und Knochen deuten auf eine rege Opfertätigkeit hin. In der letzten Woche brachen wir auf zum //Dschebel Musa//, dem Berg Moses, an dessen Fuß das älteste christliche Kloster, das Katharinenkloster, steht. Wir wollten den Sonnenaufgang erleben von diesem zweithöchsten Berg der Sinai-Halbinsel, und stiegen in der abendlichen Dämmerung auf, um unterhalb des Gipfels zu übernachten. Mehr als dreitausend Stufen führen auf den 2.283 Meter hohen Berg, angelegt von einem Mönch aufgrund eines Gelübdes. Die Stufen bestehen aus grob behauenen Felsen und sind dem Gelände angepasst, nicht aber der Schrittweise eines normalen Menschen; hin und wieder ging der Aufstieg in eine leichte Kletterei über. Unterhalb des Gipfels befindet sich eine Opferstätte, an der gewaltige Zypressen einen Brunnen beschirmen. Zwei karge Hütten stehen leer. Fellstücke und Knochen deuten auf eine rege Opfertätigkeit hin.
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 Auch das Gesehene gewinnt an Tiefe, ich erlebe es neu in der Monotonie der Sandwüste: Schon ein einzelner Stein oder ein Kamelknochen ist ein Ereignis in der Gleichförmigkeit des gerippten Sandes, Grund genug zur Richtungsänderung und zur näheren Betrachtung. Entfernungen zu schätzen, wurde mir unmöglich: oft wurden Felsstücke, durchs Fernglas betrachtet, zum weit entfernten Hügel. Auch das Gesehene gewinnt an Tiefe, ich erlebe es neu in der Monotonie der Sandwüste: Schon ein einzelner Stein oder ein Kamelknochen ist ein Ereignis in der Gleichförmigkeit des gerippten Sandes, Grund genug zur Richtungsänderung und zur näheren Betrachtung. Entfernungen zu schätzen, wurde mir unmöglich: oft wurden Felsstücke, durchs Fernglas betrachtet, zum weit entfernten Hügel.
  
-Der Darb ei Arba’in wollen wir in weitem Abstand folgen, aus Furcht vor Kontrollen. So schlagen wir einen weiten Bogen durch die Wüste, Richtung Libyen. Vom ersten Tag an fallen wir gegenüber den anderen zurück: Der Lkw ist zu schwer für den Sand der Wüste, die Reifen taugen nur auf normalen Böden. Wir lassen Luft ab, um die Auflagefläche zu vergrößern.+Der Darb ei Arba’in wollen wir in weitem Abstand folgen, aus Furcht vor Kontrollen. So schlagen wir einen weiten Bogen durch die Wüste, [[wiki:orientierung|Richtung]] Libyen. Vom ersten Tag an fallen wir gegenüber den anderen zurück: Der Lkw ist zu schwer für den Sand der Wüste, die Reifen taugen nur auf normalen Böden. Wir lassen Luft ab, um die Auflagefläche zu vergrößern.
  
 Heilig Abend: Das erste Erwachen in der Wüste ist begleitet vom kalten Wind, der es mir schwer macht, den Daunenschlafsack zu verlassen. Wer zuerst wach ist, kocht Kaffee. Heißer Kaffee ist an diesen Morgen das Wichtigste. 93 Kilometer zeigt der Tacho nachmittags an; die Konvoipartner sind schon lange nicht mehr in Sicht, den ganzen Tag sind wir ihren Spuren gefolgt. Die Gegend ist felsig, unübersichtlich, unüberschaubar. Hügelauf- und abwärts kämpft sich der Faun wie ein urweltlicher Saurier. Felsstufen und Steine erschüttern die Ladefläche; täglich müssen wir jetzt die Seile spannen, Knoten erneuern, Schrauben anziehen. Hinter Kurven erwarten uns Sandverwehungen, bremsen die [[wiki:fahrt|Fahrt]] und mildern die Erschütterungen. Heilig Abend: Das erste Erwachen in der Wüste ist begleitet vom kalten Wind, der es mir schwer macht, den Daunenschlafsack zu verlassen. Wer zuerst wach ist, kocht Kaffee. Heißer Kaffee ist an diesen Morgen das Wichtigste. 93 Kilometer zeigt der Tacho nachmittags an; die Konvoipartner sind schon lange nicht mehr in Sicht, den ganzen Tag sind wir ihren Spuren gefolgt. Die Gegend ist felsig, unübersichtlich, unüberschaubar. Hügelauf- und abwärts kämpft sich der Faun wie ein urweltlicher Saurier. Felsstufen und Steine erschüttern die Ladefläche; täglich müssen wir jetzt die Seile spannen, Knoten erneuern, Schrauben anziehen. Hinter Kurven erwarten uns Sandverwehungen, bremsen die [[wiki:fahrt|Fahrt]] und mildern die Erschütterungen.
wiki/1985_sudan.txt · Zuletzt geändert: 2024/04/30 06:13 von norbert

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