wiki:1985_sudan
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wiki:1985_sudan [2018/10/07 02:25] – [Allein] norbert | wiki:1985_sudan [2021/06/15 03:11] – norbert | ||
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====== Durch die Libysche Wüste mit einem Faun ====== | ====== Durch die Libysche Wüste mit einem Faun ====== | ||
Norbert Lüdtke (1985) | Norbert Lüdtke (1985) | ||
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- | //Dort war ich, sage ich Dir, | ||
- | Dies ist und das geschehn; | ||
- | Du glaubst, \\ | ||
- | Selbst hättest Du’ s gesehn.// | ||
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Das ganze Jahr über hatte ich Reisepläne entworfen, Details geplant: Nach Schwarzafrika sollte es gehen, ohne Frage. Auch die Wüste wollte ich erleben, intensiv und tagelang, und den Dschungel kennenlernen. Die arabischen Länder dagegen lagen mir fern, ihr Lebensstil war mir zu laut, zu schrill. Eine Route durch Tunesien, Algerien, Niger zur westafrikanischen Küste war ausgearbeitet, | Das ganze Jahr über hatte ich Reisepläne entworfen, Details geplant: Nach Schwarzafrika sollte es gehen, ohne Frage. Auch die Wüste wollte ich erleben, intensiv und tagelang, und den Dschungel kennenlernen. Die arabischen Länder dagegen lagen mir fern, ihr Lebensstil war mir zu laut, zu schrill. Eine Route durch Tunesien, Algerien, Niger zur westafrikanischen Küste war ausgearbeitet, | ||
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Genau das war schon auf früheren Reisen mein Traum gewesen: Routen, Rastplätze und Richtungen im eigenen fahrzeug selbst bestimmen zu können anstatt sich in Bussen zu quälen. Über die //Deutsche Zentrale für Globetrotter// | Genau das war schon auf früheren Reisen mein Traum gewesen: Routen, Rastplätze und Richtungen im eigenen fahrzeug selbst bestimmen zu können anstatt sich in Bussen zu quälen. Über die //Deutsche Zentrale für Globetrotter// | ||
- | Einige dieser Länder kannte ich von früheren Reisen, war schon einmal dort gewesen mit dem Rucksack und unterwegs mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Und doch blieb immer der Eindruck zurück, nur die Oberfläche ertastet zu haben, nicht eingedrungen zu sein ins Land und lediglich von Stadt zu Stadt getrieben worden zu sein, eingeengt durch die Pfade der Zivilisation, | + | Einige dieser Länder kannte ich von früheren Reisen, war schon einmal dort gewesen mit dem [[wiki: |
Afrika aber bedeutet für mich Natur, wild und unerschlossen: | Afrika aber bedeutet für mich Natur, wild und unerschlossen: | ||
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Was kann mir denn schon dabei passieren? Ich habe nichts zu verlieren; wenn ich heimkehre, besitze ich nichts mehr: Meine Wohnung habe ich aufgegeben, die Möbel verschenkt, meine Bücher liegen in Kisten verpackt in einem Keller. Das Studium ist abgeschlossen, | Was kann mir denn schon dabei passieren? Ich habe nichts zu verlieren; wenn ich heimkehre, besitze ich nichts mehr: Meine Wohnung habe ich aufgegeben, die Möbel verschenkt, meine Bücher liegen in Kisten verpackt in einem Keller. Das Studium ist abgeschlossen, | ||
- | Mein Schneckenhaus ist nun der Rucksack: 20 kg sind noch zuviel, behindern das Reisen mehr, als sie es erleichtern. Aber was soll noch raus? Die Kleidungsstücke sind doppelt, manche dreifach; zwei Töpfe und eine Pfanne, die auch als Teller dient. Salz, Bundeswehr-Besteck, | + | Mein Schneckenhaus ist nun der [[wiki: |
- | Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem Schritt, sagt Konfuzius. Mein erster Schritt ist Athen. Fast dreitausend Kilometer liegen hinter mir, alle Veränderungen auf dem Weg habe ich Stück für Stück geschmeckt, gehört, gesehen: Die Natur macht keine Sprünge. | + | Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem Schritt, sagt '' |
Nun ist die Luft lau, ich habe ein T-Shirt an, das bald schwarz ist vom Smog über der Akropolis. Menschen, Sprache, Kleidung, Kultur sind mir vertraut, auch wenn ich sie nicht verstehe. Noch fühle ich mich zu Hause, bin Europäer. | Nun ist die Luft lau, ich habe ein T-Shirt an, das bald schwarz ist vom Smog über der Akropolis. Menschen, Sprache, Kleidung, Kultur sind mir vertraut, auch wenn ich sie nicht verstehe. Noch fühle ich mich zu Hause, bin Europäer. | ||
==== In Ägypten ==== | ==== In Ägypten ==== | ||
- | Zwei Tage später sitze ich im Flugzeug nach Kairo: Der zweite, größere Schritt. Drei Wochen habe ich jetzt Zeit, dann werde ich zum Hauptpostamt am Midan al-Ataba al-Chadra gehen und nach Post fragen. Dort wird dann ein Brief liegen, der den Beginn meiner bisher abenteuerlichsten Reise markiert, und ich werde den Ort erfahren, an dem sich unsere bunt gewürfelte Gruppe zur Abfahrt trifft. | + | Zwei Tage später sitze ich im Flugzeug nach Kairo: Der zweite, größere Schritt. Drei Wochen habe ich jetzt Zeit, dann werde ich zum Hauptpostamt am //Midan al-Ataba al-Chadra// gehen und nach Post fragen. Dort wird dann ein Brief liegen, der den Beginn meiner bisher abenteuerlichsten Reise markiert, und ich werde den Ort erfahren, an dem sich unsere bunt gewürfelte Gruppe zur Abfahrt trifft. |
- | Kairo war Treffpunkt für die Gruppe, dort führten unsere Wege zusammen; die Teilnehmer kannte ich aus verschiedenen Treffen flüchtig: Unsere Jüngste war Doro, 18 Jahre, Tierpflegerin aus Münster. Sie wollte endlich mal die ihr aus Käfigen bekannten Tiere in Freiheit sehen. | + | Kairo war Treffpunkt für die Gruppe, dort führten unsere Wege zusammen; die Teilnehmer kannte ich aus verschiedenen Treffen flüchtig: Unsere Jüngste war '' |
- | Theo, frischgebackener Jurist, war an Kultur und Geschichte der Länder stark interessiert. Georg, Flugzeugingenieur, | + | '' |
- | Ute, wenige Tage nach dem Apothekerinnenexamen zusammen mit den anderen auf dem Weg nach Venedig, sucht neue Erfahrungen für ihren Lebensweg. Ulrike und Mathias, Studenten, werden von der Neugier getrieben und von der Langeweile des Semesters. Beide werden nach der Reise Afrikanistik studieren. Hardi, beurlaubter Lehrer, geht nach der Karriere zum ersten Mal hemmungslos seinem größten Hobby nach. Detlev ist Finanzbeamter, | + | '' |
Fünfzehn Leute hatten sich so gefunden und einen Großteil ihrer Ersparnisse zusammengelegt zum Kauf des FAUN: Er war ein plattschnäuziges, | Fünfzehn Leute hatten sich so gefunden und einen Großteil ihrer Ersparnisse zusammengelegt zum Kauf des FAUN: Er war ein plattschnäuziges, | ||
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Unter der grünen, halbtonnenförmigen Plane verbargen sich Ende November vermummt und frierend zehn der Reisenden und begaben sich nach Venedig, zur Einschiffung auf die Fähre nach Alexandria. Sturm, hoher Seegang und kalter Wind machten die Anreise zu einer Strapaze, alle Gedanken waren auf das warme Afrika gerichtet. In Alexandria angekommen, wurde das deutsche Zollkennzeichen gegen ein ägyptisches ausgetauscht: | Unter der grünen, halbtonnenförmigen Plane verbargen sich Ende November vermummt und frierend zehn der Reisenden und begaben sich nach Venedig, zur Einschiffung auf die Fähre nach Alexandria. Sturm, hoher Seegang und kalter Wind machten die Anreise zu einer Strapaze, alle Gedanken waren auf das warme Afrika gerichtet. In Alexandria angekommen, wurde das deutsche Zollkennzeichen gegen ein ägyptisches ausgetauscht: | ||
- | Dorthin waren auch die übrigen fünf Reisenden unterwegs. Georg flog aus Deutschland ein, Hardi war schon einige Monate unterwegs und mit Ulrike und Mathias machte ich nun schon seit drei Wochen in Ägypten einen richtig erholsamen Urlaub — vor dem großen Abenteuer. | + | Dorthin waren auch die übrigen fünf Reisenden unterwegs. |
- | Eine Woche badeten und tauchten wir im Roten Meer; in der Nähe von Sharm ei Sheik gibt es einsame Sandstrände und kleine Dörfer, in denen wir uns mit Fisch, Zucchini, Auberginen, Zwiebeln und Linsen versorgten. Der Strand, an dem wir schliefen, war sauberer als alle Hotels und morgens ging die Sonne über dem Meer auf; beim allmorgendlichen Strandlauf fand ich angetriebene Holzreste für das Frühstücksfeuer. | + | Eine Woche badeten und tauchten wir im Roten Meer; in der Nähe von //Sharm el Sheik// gibt es einsame |
- | Ausgedehnte Spaziergänge | + | Ausgedehnte |
- | In der letzten Woche brachen wir auf zum Dschebel Musa, dem Berg Moses, an dessen Fuß das älteste christliche Kloster, das Katharinenkloster, | + | In der letzten Woche brachen wir auf zum //Dschebel Musa//, dem Berg Moses, an dessen Fuß das älteste christliche Kloster, das Katharinenkloster, |
- | Hier verbrachten wir eine ruhige Nacht, erwachten noch vor der Dämmerung und erreichten die Kapelle auf dem Gipfel noch vor den Touristengruppen, | + | Hier verbrachten wir eine ruhige Nacht, erwachten noch vor der Dämmerung und erreichten die Kapelle auf dem Gipfel noch vor den Touristengruppen, |
Kein Wunder, schoß es mir durch den Kopf, daß dieser Berg schon in vorchristlicher Zeit heilig war, dieser Anblick allein kann Erleuchtung sein; und die Zehn Gebote hat Moses sicher hier bekommen — schließlich liegt einem die ganze Welt zu Füßen. | Kein Wunder, schoß es mir durch den Kopf, daß dieser Berg schon in vorchristlicher Zeit heilig war, dieser Anblick allein kann Erleuchtung sein; und die Zehn Gebote hat Moses sicher hier bekommen — schließlich liegt einem die ganze Welt zu Füßen. | ||
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Mir wurde deutlich, daß Ägypten auch eine moderne Geschichte hat, Menschen, die heute leiden und Kämpfe austragen - Pharaonen, Pyramiden und 5000 Jahre Kultur sind dafür nur Voraussetzung. Von all dem ist Kairo voll: Ob 10 oder 12 oder 14 Millionen Menschen hier leben, weiß wohl niemand. | Mir wurde deutlich, daß Ägypten auch eine moderne Geschichte hat, Menschen, die heute leiden und Kämpfe austragen - Pharaonen, Pyramiden und 5000 Jahre Kultur sind dafür nur Voraussetzung. Von all dem ist Kairo voll: Ob 10 oder 12 oder 14 Millionen Menschen hier leben, weiß wohl niemand. | ||
- | Acht Tage Aufenthalt sind nicht zuviel für Kairo oder El Qahira, die Siegreiche, wohl aber für den Reisenden. Denn wer nicht in einem der First-Class-Hotels wohnen kann, im Hilton, Sheraton, Meridien oder wie sie alle heißen, und sich nicht hin und wieder in eine dieser Oasen der Ruhe zurückziehen kann, der ist 24 Stunden täglich dem Lärm, dem Staub, der Hitze dieser Stadt ausgesetzt. Kairo ist ein Erlebnis für einen Tag — jede Stunde mehr bedeutet wachsenden Streß. Kairo erwacht, wenn sich in der Morgendämmerung ein weißer von einem schwarzen Faden unterscheiden läßt. Dann nämlich ist die Zeit des ersten Gebets gekommen und von 1000 Minaretts ertönt der Ruf des Muezzin: »Allahu akbar - Gott ist groß, und Mohammed ist sein Prophet.“ Scheppernd schallt und krächzt es aus Tausenden von Megaphonen, die den eigentlich melodischen Gesang verfremden. Dann füllen sich schnell die Straßen: Überfüllte Busse, Türöffnungen, | + | Acht Tage Aufenthalt sind nicht zuviel für Kairo oder //El Qahira//, die Siegreiche, wohl aber für den Reisenden. Denn wer nicht in einem der First-Class-Hotels wohnen kann, im Hilton, Sheraton, Meridien oder wie sie alle heißen, und sich nicht hin und wieder in eine dieser Oasen der Ruhe zurückziehen kann, der ist 24 Stunden täglich dem Lärm, dem Staub, der Hitze dieser Stadt ausgesetzt. Kairo ist ein Erlebnis für einen Tag — jede Stunde mehr bedeutet wachsenden Streß. Kairo erwacht, wenn sich in der Morgendämmerung ein weißer von einem schwarzen Faden unterscheiden läßt. Dann nämlich ist die Zeit des ersten Gebets gekommen und von 1000 Minaretts ertönt der Ruf des Muezzin: »Allahu akbar - Gott ist groß, und Mohammed ist sein Prophet.“ Scheppernd schallt und krächzt es aus Tausenden von Megaphonen, die den eigentlich melodischen Gesang verfremden. Dann füllen sich schnell die Straßen: Überfüllte Busse, Türöffnungen, |
==== Die Wüste ==== | ==== Die Wüste ==== | ||
- | Am 10. Dezember trafen wir zufällig einige unserer künftigen Reisekameraden im Chan Al Chalili, dem größten Bazar Kairos. Das abgesprochene System des Nachrichtenaustausches hatte nicht funktioniert. Großes Hallo und Wie gehts und Was gibts Neues in Deutschland. Wir tranken einen Kef zusammen und verabredeten uns für den nächsten Tag in Gizeh, bei den Pyramiden. | + | Am 10. Dezember trafen wir zufällig einige unserer künftigen Reisekameraden im //Chan Al Chalili//, dem größten Bazar Kairos. Das abgesprochene System des Nachrichtenaustausches hatte nicht funktioniert. Großes Hallo und Wie gehts und Was gibts Neues in Deutschland. Wir tranken einen Kef zusammen und verabredeten uns für den nächsten Tag in Gizeh, bei den Pyramiden. |
- | Am Sonntagnachmittag, | + | Am Sonntagnachmittag, |
- | Die Brücke, auf der wir bei Beni Suef den Nil überqueren wollten, existierte nicht. Dies war nur der Anfang. In den nächsten Wochen blieb kein Tag ohne Enttäuschung. Vorerst konnte noch einige Tage relaxt werden: Von der Töpferstadt Quena, 642 Kilometer südlich von Kairo, nahmen wir die breite Asphaltstraße nach Port Safaga am Roten Meer, fuhren dann weiter südlich bis Marsa Alama, dem südlichsten für Touristen erlaubten Ort, und genossen das Meer und die warme Sonne. | + | Die Brücke, auf der wir bei Beni Suef den Nil überqueren wollten, existierte nicht. Dies war nur der Anfang. In den nächsten Wochen blieb kein Tag ohne Enttäuschung. Vorerst konnte noch einige Tage relaxt werden: Von der Töpferstadt Quena, 642 Kilometer südlich von Kairo, nahmen wir die breite Asphaltstraße nach Port Safaga am Roten Meer, fuhren dann weiter südlich bis //Marsa Alama//, dem südlichsten für Touristen erlaubten Ort, und genossen das Meer und die warme Sonne. |
- | Erfahrungen wurden ausgetauscht. Wünsche geäußert und Erwartungen beschrieben — war es doch das erste Mal, daß die Gruppe vollständig zusammen war. Auf der riesigen Ladefläche stapelten sich fünf Ersatzreifen, | + | Erfahrungen wurden ausgetauscht. Wünsche geäußert und Erwartungen beschrieben — war es doch das erste Mal, daß die Gruppe vollständig zusammen war. Auf der riesigen Ladefläche stapelten sich fünf Ersatzreifen, |
- | Pläne wurden gewälzt, jeder hatte noch Ideen für weitere Besorgungen, | + | Pläne wurden gewälzt, jeder hatte noch Ideen für weitere Besorgungen, |
Drei Tage Strand waren dann auch genug, alle fieberten der Wüste entgegen. Auf dem Weg zum vereinbarten Treffpunkt nahmen wir uns nur wenig Zeit für die Sehenswürdigkeiten Ägyptens; einige von uns kannten sie von früheren Reisen, wollten Neues sehen, die Wüste. Das brachte erste Auseinandersetzungen: | Drei Tage Strand waren dann auch genug, alle fieberten der Wüste entgegen. Auf dem Weg zum vereinbarten Treffpunkt nahmen wir uns nur wenig Zeit für die Sehenswürdigkeiten Ägyptens; einige von uns kannten sie von früheren Reisen, wollten Neues sehen, die Wüste. Das brachte erste Auseinandersetzungen: | ||
- | Einen halben Tag dauerte allein das Tanken: 1800 Liter Diesel wurden in die Fässer gefüllt, 200 Liter Motorenöl sollten den Motor schmieren. Den Markt in Luxor überfielen wir wie Heuschrecken: | + | Einen halben Tag dauerte allein das Tanken: 1800 Liter Diesel wurden in die Fässer gefüllt, 200 Liter Motorenöl sollten den Motor schmieren. Den Markt in Luxor überfielen wir wie Heuschrecken: |
Als wir fertig waren stellten wir fest. daß der Wagen falsch beladen war, das Gewicht lag zu weit hinten, nun mußte umgebaut werden. 10 Tonnen Ladung wurden bewegt und gesichert, denn selbst die schweren Tonnen heben bei einem Schlagloch ab und machen sich selbständig. Mit Seilen, Drähten, Eisenwinkeln, | Als wir fertig waren stellten wir fest. daß der Wagen falsch beladen war, das Gewicht lag zu weit hinten, nun mußte umgebaut werden. 10 Tonnen Ladung wurden bewegt und gesichert, denn selbst die schweren Tonnen heben bei einem Schlagloch ab und machen sich selbständig. Mit Seilen, Drähten, Eisenwinkeln, | ||
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Am 23. Dezember verließen wir die Asphaltstraße, | Am 23. Dezember verließen wir die Asphaltstraße, | ||
- | Die ersten Schritte auf einem uralten Karawanenweg waren getan. Darb el Arbain, die Straße der 40 Tage, war eine der großen Verbindungwege durch die Sahara, zwischen dem schwarzen und dem arabischen Afrika. Schneller als in 40 Tagen war die Strecke vom sudanesischen El Fasher über eine Kette von Oasen bis nach Asiut am Nil nicht zu schaffen. Insgesamt 1800 Kilometer Wüste mußten Menschen und Tiere ertragen, bei eiserner Karawanendisziplin: | + | Die ersten Schritte auf einem uralten Karawanenweg waren getan. |
Seit Beginn dieses Jahrhunderts gibt es keine große Karawanen mehr, nur selten fahren geländegängige Lkw, meist mit militärischem Auftrag. Häufiger noch werden Kamelherden aus dem Sudan zum Schlachten nach Ägypten geschmuggelt. Hin und wieder werden sie gefaßt, müssen zwei oder drei Tage sichtbar vor der Autorität des Militärs zittern und kaufen sich schließlich mit einigen Kamelen frei. | Seit Beginn dieses Jahrhunderts gibt es keine große Karawanen mehr, nur selten fahren geländegängige Lkw, meist mit militärischem Auftrag. Häufiger noch werden Kamelherden aus dem Sudan zum Schlachten nach Ägypten geschmuggelt. Hin und wieder werden sie gefaßt, müssen zwei oder drei Tage sichtbar vor der Autorität des Militärs zittern und kaufen sich schließlich mit einigen Kamelen frei. | ||
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Die Spuren der alten Reisenden zeigen auch heute noch den Pistenverlauf an: Zahllose, von der Sonne gebleichte Kamelgerippe, | Die Spuren der alten Reisenden zeigen auch heute noch den Pistenverlauf an: Zahllose, von der Sonne gebleichte Kamelgerippe, | ||
- | In den Zwanziger und Dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts gelangten erstmals Expeditionen hierher: 1925 Prinz Kemal ei Din Hussein mit Citroen-Kettenfahrzeugen. Reifenspuren bleiben jahrzehntelang erhalten, alte Fässer und Kisten fanden wir, manchmal Papierfetzen an ehemaligen Lagerfeuern. Seit Jahren, Jahrzehnten unberührt liegende Wein- und Whiskyflaschen sind von Sand und Wind blind geworden, Metallstücke aber blank poliert, rosten nie. | + | In den Zwanziger und Dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts gelangten erstmals Expeditionen hierher: 1925 '' |
Selbst genügsame Tiere: Schlangen, Skorpione, Käfer … sind in diesem Teil der Sahara selten, hin und wieder sahen wir ihre Spuren im Sand; größere Tiere bekamen wir niemals zu sehen. Nicht einmal trockenes Gras fanden wir. Wasservorkommen beschränken sich auf wenige Brunnen, die meist als Militärstützpunkte dienen. Im Winter aber ist es in dieser Wüste erheblich kühler als in anderen Jahreszeiten, | Selbst genügsame Tiere: Schlangen, Skorpione, Käfer … sind in diesem Teil der Sahara selten, hin und wieder sahen wir ihre Spuren im Sand; größere Tiere bekamen wir niemals zu sehen. Nicht einmal trockenes Gras fanden wir. Wasservorkommen beschränken sich auf wenige Brunnen, die meist als Militärstützpunkte dienen. Im Winter aber ist es in dieser Wüste erheblich kühler als in anderen Jahreszeiten, | ||
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Der Darb ei Arba’in wollen wir in weitem Abstand folgen, aus Furcht vor Kontrollen. So schlagen wir einen weiten Bogen durch die Wüste, Richtung Libyen. Vom ersten Tag an fallen wir gegenüber den anderen zurück: Der Lkw ist zu schwer für den Sand der Wüste, die Reifen taugen nur auf normalen Böden. Wir lassen Luft ab, um die Auflagefläche zu vergrößern. | Der Darb ei Arba’in wollen wir in weitem Abstand folgen, aus Furcht vor Kontrollen. So schlagen wir einen weiten Bogen durch die Wüste, Richtung Libyen. Vom ersten Tag an fallen wir gegenüber den anderen zurück: Der Lkw ist zu schwer für den Sand der Wüste, die Reifen taugen nur auf normalen Böden. Wir lassen Luft ab, um die Auflagefläche zu vergrößern. | ||
- | Heilig Abend: Das erste Erwachen in der Wüste ist begleitet vom kalten Wind, der es mir schwer macht, den Daunenschlafsack zu verlassen. Wer zuerst wach ist, kocht Kaffee. Heißer Kaffee ist an diesen Morgen das Wichtigste. 93 Kilometer zeigt der Tacho nachmittags an; die Konvoipartner sind schon lange nicht mehr in Sicht, den ganzen Tag sind wir ihren Spuren gefolgt. Die Gegend ist felsig, unübersichtlich, | + | Heilig Abend: Das erste Erwachen in der Wüste ist begleitet vom kalten Wind, der es mir schwer macht, den Daunenschlafsack zu verlassen. Wer zuerst wach ist, kocht Kaffee. Heißer Kaffee ist an diesen Morgen das Wichtigste. 93 Kilometer zeigt der Tacho nachmittags an; die Konvoipartner sind schon lange nicht mehr in Sicht, den ganzen Tag sind wir ihren Spuren gefolgt. Die Gegend ist felsig, unübersichtlich, |
Noch sind die Spuren unserer Partner eindeutig: Auch sie hatten zu kämpfen - wir sehen tiefe Löcher, es wurde geschaufelt. Schleifspuren der Sandbleche führen bis auf festen Untergrund und wurden dort wieder verladen. Der Wüstenboden hat ein gutes Gedächtnis. | Noch sind die Spuren unserer Partner eindeutig: Auch sie hatten zu kämpfen - wir sehen tiefe Löcher, es wurde geschaufelt. Schleifspuren der Sandbleche führen bis auf festen Untergrund und wurden dort wieder verladen. Der Wüstenboden hat ein gutes Gedächtnis. | ||
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Um vier machen wir Schluß. In zwei Stunden geht die Sonne unter, dann wird es sofort dunkel, ohne Dämmerung. Bis dahin haben wir Zeit, es uns gemütlich zu machen: Ein Zelt aufzuschlagen oder uns hinter Kisten in den weichen Boden einzugraben, | Um vier machen wir Schluß. In zwei Stunden geht die Sonne unter, dann wird es sofort dunkel, ohne Dämmerung. Bis dahin haben wir Zeit, es uns gemütlich zu machen: Ein Zelt aufzuschlagen oder uns hinter Kisten in den weichen Boden einzugraben, | ||
- | Heilig Abend: In Deutschland wird Weihnachten gefeiert, mehr oder weniger gleich bei all unseren Verwandten. Aus Eiern, Milchpulver, | + | Heilig Abend: In Deutschland wird Weihnachten gefeiert, mehr oder weniger gleich bei all unseren Verwandten. Aus Eiern, Milchpulver, |
- | Sonntag mittag fahren wir weiter, nach sechs Kilometern treffen wir auf das Camp unserer Konvoipartner. Wir bleiben heute in diesem Camp und besprechen abends den weiteren Weg. Dabei orientieren wir uns an Gerüchten, Vermutungen, | + | Sonntag mittag fahren wir weiter, nach sechs Kilometern treffen wir auf das Camp unserer Konvoipartner. Wir bleiben heute in diesem Camp und besprechen abends den weiteren Weg. Dabei orientieren wir uns an Gerüchten, Vermutungen, |
Montag morgen stehen wir um fünf Uhr auf, damit wir um acht fahrbereit sind, schneller geht es wohl nicht mit so vielen Leuten. Wir schaffen 71 km und überqueren am Nachmittag eine markierte Route, breit und voller Spuren. Um Entfernung zu dieser Piste zu bekommen, schwenken wir dienstags auf Kurs West und halten uns erst nach 30 Kilometern wieder südlich. | Montag morgen stehen wir um fünf Uhr auf, damit wir um acht fahrbereit sind, schneller geht es wohl nicht mit so vielen Leuten. Wir schaffen 71 km und überqueren am Nachmittag eine markierte Route, breit und voller Spuren. Um Entfernung zu dieser Piste zu bekommen, schwenken wir dienstags auf Kurs West und halten uns erst nach 30 Kilometern wieder südlich. | ||
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Im Laufe der Jahrhunderte würde ich schmelzen: Die Erosion macht alles zu Sand. Es liegt eine unbestimmbare Großartigkeit in dieser Form der Hingabe. Die Entscheidung, | Im Laufe der Jahrhunderte würde ich schmelzen: Die Erosion macht alles zu Sand. Es liegt eine unbestimmbare Großartigkeit in dieser Form der Hingabe. Die Entscheidung, | ||
- | Zwar weiß ich noch nicht wie, aber ich werde meinen Sinnen eine Orientierung bieten, die mich zurückführt. Ob es nun die schwarze Silhouette des Horizonts oder ein mir eingeprägtes Orientierungsmuster des Hinwegs war, das mich die Spuren im Sand finden ließ, weiß ich nicht, doch mir schien die halbe Nacht vergangen, als ich mich auf dem sicheren Rückweg wußte und Stunden später zurück ins Lager fand. | + | Zwar weiß ich noch nicht wie, aber ich werde meinen Sinnen eine * [[wiki: |
Morgens fuhren wir früh wieder los und trafen unsere Konvoipartner nur acht Kilomter entfernt. Sie wollen jetzt strikt 210° halten, das ist Südsüdwest, | Morgens fuhren wir früh wieder los und trafen unsere Konvoipartner nur acht Kilomter entfernt. Sie wollen jetzt strikt 210° halten, das ist Südsüdwest, | ||
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Der FAUN verbraucht zwei bis sechs Liter Diesel pro Kilometer! Das liegt weit oberhalb aller Planungen. Der Motor versagt hin und wieder seinen Dienst, meist weil die Treibstoffleitung verschmutzt ist oder die Treibstoffpumpe wieder mal einen Aussetzer hatte. Mit wechselnder Unterstützung beschäftigt sich Manfred täglich 3 bis 4 Stunden mit der Wartung und Pflege des Wagens. Den Reifendruck haben wir fast täglich verringert, mittlerweile auf drei statt sieben atü, um besser auf dem Sand zu liegen. Wir müssen dabei vorsichtig sein, weil wir die Reifen nicht mehr aufpumpen können: der Reifenfüllschlauch verschwand schon am ersten Tag. | Der FAUN verbraucht zwei bis sechs Liter Diesel pro Kilometer! Das liegt weit oberhalb aller Planungen. Der Motor versagt hin und wieder seinen Dienst, meist weil die Treibstoffleitung verschmutzt ist oder die Treibstoffpumpe wieder mal einen Aussetzer hatte. Mit wechselnder Unterstützung beschäftigt sich Manfred täglich 3 bis 4 Stunden mit der Wartung und Pflege des Wagens. Den Reifendruck haben wir fast täglich verringert, mittlerweile auf drei statt sieben atü, um besser auf dem Sand zu liegen. Wir müssen dabei vorsichtig sein, weil wir die Reifen nicht mehr aufpumpen können: der Reifenfüllschlauch verschwand schon am ersten Tag. | ||
- | Die einzuschlagende Richtung wird eingehend diskutiert: Die Spuren der ehemaligen Konvoipartner auch weiter zu folgen, fehlt jedes Vertrauen, sie fahren immer noch südwestlich. In Richtung Süden erwarten uns noch 1000 Kilometer Wüste. Schätzungsweise 250 Kilometer in östlicher Richtung müßten wir auf die Ufer des Assuan-Stausees stoßen, Straßen und Versorgungsmöglichkeiten gibt es dort aber nicht. Wir entschließen uns, in südöstlicher Richtung zu fahren. Das gibt uns jederzeit die Möglichkeit, | + | Die einzuschlagende Richtung wird eingehend diskutiert: Die Spuren der ehemaligen Konvoipartner auch weiter zu folgen, fehlt jedes *[[wiki: |
Nach 12 Kilometern in Richtung 140° stießen wir auf eine viel befahrene Piste mit zahlreichen alten und neuen Reifenspuren, | Nach 12 Kilometern in Richtung 140° stießen wir auf eine viel befahrene Piste mit zahlreichen alten und neuen Reifenspuren, | ||
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Montag, der zweite Januar: Allen Berechnungen zufolge muß heute der Nil in Sicht kommen. Der Ost-Anteil unserer Route wird stärker, wir schaffen sogar 100 Kilometer, dennoch keine Anzeichen des Flusses. Galgenhumor schlägt in vielen Gespräche durch und wir übernachten in einer passenden Gegend: Aus einem Gebiet mit runden Hügelkuppen, | Montag, der zweite Januar: Allen Berechnungen zufolge muß heute der Nil in Sicht kommen. Der Ost-Anteil unserer Route wird stärker, wir schaffen sogar 100 Kilometer, dennoch keine Anzeichen des Flusses. Galgenhumor schlägt in vielen Gespräche durch und wir übernachten in einer passenden Gegend: Aus einem Gebiet mit runden Hügelkuppen, | ||
- | Dienstag. Aus dem Galgenhumor wird Panikstimmung, | + | Dienstag. Aus dem Galgenhumor wird Panikstimmung, |
Pro Kopf haben wir noch 20 Liter Wasser, gewaschen hat sich schon seit Tagen niemand mehr, allmählich trinke ich meine Rationen bewußter. Zähneputzen ist Luxus. Beim Tanken wechseln wir uns ab. Da die Pumpe defekt ist muß der Diesel über einen Schlauch mit dem Mund angesaugt werden. Der Dieselgeschmack bleibt tagelang im Mund, einige Tropfen geraten immer bis in den Magen und melden sich noch lange. Irgendwer hat einmal nach dem Tanken das Faß nicht verschlossen, | Pro Kopf haben wir noch 20 Liter Wasser, gewaschen hat sich schon seit Tagen niemand mehr, allmählich trinke ich meine Rationen bewußter. Zähneputzen ist Luxus. Beim Tanken wechseln wir uns ab. Da die Pumpe defekt ist muß der Diesel über einen Schlauch mit dem Mund angesaugt werden. Der Dieselgeschmack bleibt tagelang im Mund, einige Tropfen geraten immer bis in den Magen und melden sich noch lange. Irgendwer hat einmal nach dem Tanken das Faß nicht verschlossen, |
wiki/1985_sudan.txt · Zuletzt geändert: 2024/04/30 06:13 von norbert